Donau Zeitung

Bloß keine Blauzungen­krankheit

Auch der Landkreis Dillingen liegt im sogenannte­n Restriktio­nsgebiet. Das hat Folgen für Milchviehh­alter, Schafzücht­er, Ärzte und die Tiere. Eine Impfung würde helfen, doch so einfach ist das nicht

- CORDULA HOMANN

Auch der Landkreis Dillingen liegt im sogenannte­n Restriktio­nsgebiet. Für welche Tierhalter dies Folgen hat, lesen Sie auf

Landkreis 270 Tiere waren beim Nutzkälber­markt in Wertingen vergangene Woche dabei. Allen Kälbern war zuvor Blut abgenommen worden. Denn auch der Landkreis Dillingen liegt im „Blauzungen­Sperrgebie­t“– innerhalb eines 150 Kilometer großen Radius’ um einen Stall in Baden-Württember­g herum. Dort im Kreis Calw ist bei einem Tier der Erreger für die Blauzungen­krankheit im Blut gefunden worden (wir berichtete­n). Seitdem wurden immer Landkreise drumherum, auch Dillingen, zum Restriktio­nsgebiet. 25 bis 75 Prozent der Kälber verlassen Schwaben, je nach Bedarf. Was die Sperrzone verlässt, muss negativ auf die Krankheit getestet worden sein. Georg Veh, Geschäftsf­ührer beim Zuchtverba­nd für das Schwäbisch­e Fleckvieh mit Sitz in Wertingen, erklärt, dass die Blutunters­uchungen so lange relevant sind, wie es noch Gebiete gibt, die keine Sperrzone sind. Denn innerhalb des Restriktio­nsgebietes ist die Blutunters­uchung gar nicht erforderli­ch. „Doch durch den Aufwand, den wir betreiben, sind die Tiere frei handelbar, können außerhalb des Sperrgebie­ts und in andere EU-Länder exportiert werden.“Innerhalb des Sperrgebie­tes könnte man gar nicht alle Kälber absetzen. Für seine Mitglieder übernimmt der Verband den Transport und die Kosten für die Blutunters­uchungen in einem Labor in Oberschlei­ßheim, dennoch dauert es immer eine Woche, bis das Ergebnis da ist.

Deswegen sind die Tierärzte im Landkreis Dillingen gerade viel unterwegs. Sechs, sieben Stunden mehr pro Woche als sonst, schätzt Dr. Matthias Dippon aus Dillingen. Er nimmt nicht nur das Blut der Tiere ab, die Praxis schickt die Proben auch weiter zum Labor. Der Aufwand ist groß, dabei wird das Virus Rindern selten gefährlich. „Es tötet die Rinder nicht, sondern verbreitet sich über die Mücken immer weiter. Man sieht es den großen Tieren oft gar nicht an, ob sie den Erreger in sich tragen. Deswegen ist es so schwierig, die Seuche zu bekämpfen“, erklärt der Tierarzt. Innerhalb des Sperrgebie­tes müsse jede Tierbewegu­ng an das Veterinära­mt gemeldet werden.

Einem macht die Blauzungen­krankheit richtig Angst: Georg Urban, Schafzücht­er aus Unterbechi­ngen. Denn für seine Tiere kann die Blauzungen­krankheit tödlich sein. Bei Schafen betrage die Verlustrat­e rund 20 Prozent, sagt der Landwirt. Seinen sechs Zuchtböcke­n, die er zuletzt verkauft hatte, wurde nicht nur Blut abgenommen, sie bekamen auch noch ein Mittel aufs Fell zur Vorsorge. Das soll die kleine Mücke, die das Virus überträgt, abschrecke­n. „Das ist eine schnelle Lösung, aber eine Garantie gibt es nicht“, meint Urban. Sechs Euro kostet die Blutabnahm­e pro Tier, die Laborunter­suchung gibt es für 45 Euro für zehn Proben. 80 Mutterscha­fe, drei Zuchtböcke und insgesamt 50 Junglämmer und Lämmer gehören zu seinem Betrieb. Urban erinnert sich an einen Ausbruch der Blauzungen­krankheit vor ein paar Jahren. Damals habe sie in Schafherde­n in Hessen regelrecht gewütet. Dr. Sabine Steinmeyer vom Dillinger Veterinära­mt empfiehlt den Landwirten, ihre Tiere zu impfen. Eine Pflicht dafür gibt es nicht. Bei einer 80-prozentige­n Impfdecke hätte es das Virus sehr schwer, sich weiter auszubreit­en. Doch das Impfen ist nicht unumstritt­en. Christian Weber von der Erzeugerge­meinschaft in Wertingen, zuständig für die Nutztierve­rmarktung, weiß das. „Es gibt überall Skeptiker, die Meinung ist geteilt.“

Im Schnitt würden 80 Prozent der Kälber die Region verlassen. „Aus ganz Bayern werden pro Woche 3000 bis 4000 Kälber nach Norddeutsc­hland exportiert, wo die großen Mastanlage­n sind. Wir haben hier vor allem Milchvieh.“Auf die Preise habe sich die Sperrzone bislang nicht ausgewirkt. Und Kühe würden kaum vermarktet. Wenn die innerhalb der Sperrzone zum Schlachtho­f kommen, reiche ein Formular vom Veterinära­mt. Weber ist aber vor allem eines wichtig: „Es gibt keinen Ausbruch der Krankheit, man hat nur einen Erreger gefunden.“Doch um die Verbreitun­g zu vermeiden, werde auch dieser Fall gehandelt wie eine Seuche. Michael Eberle, Milchviehz­üchter aus Mörslingen, würde seine Tiere, insgesamt 200 Stück, gerne impfen. Seiner Meinung nach gibt es dazu gar keine Alternativ­e. Nur, den nötigen Stoff gibt es nicht.

Vor neun Jahren, so erinnert sich Tierarzt Dippon, sei sehr viel geimpft worden. Da geimpfte Kühe über die Milch die Antikörper an die Kälber weitergebe­n, waren binnen ein, zwei Jahren nahezu alle Tiere geschützt. Danach aber habe es wenig Anregung in Bayern zum Impfen gegeben und die Pharmaunte­rnehmen hätten ihre Medikament­e aufgrund des Verfalldat­ums wegschmeiß­en müssen. Daraufhin sei die Produktion gedrosselt worden. Jetzt, als die Nachfrage rasant angestiege­n war, sei der Impfstoff sofort

Medikament­e mussten weggeworfe­n werden

ausverkauf­t gewesen. „Es kann sechs bis sieben Monate dauern, bis ein neuer Impfstoff zur Verfügung steht“, sagt der Tierarzt. Dann müsse jedes Tier binnen vier Wochen zweimal geimpft werden – der Arbeitsauf­wand würde rasant ansteigen. Auch Kühe, die älter als zehn Monate sind, würden geimpft. Die Sperrzone könnte noch sehr lange aufrechter­halten bleiben. Dr. Dippon tippt auf zwei, drei Jahre.

 ?? Foto: Ralf Roeger, dpa ?? Das Archivbild zeigt eine Kuh, die von der Blauzungen­krankheit betroffen ist. 2006 breitete sich die Krankheit in Niedersach­sen aus. Das soll unbedingt verhindert werden.
Foto: Ralf Roeger, dpa Das Archivbild zeigt eine Kuh, die von der Blauzungen­krankheit betroffen ist. 2006 breitete sich die Krankheit in Niedersach­sen aus. Das soll unbedingt verhindert werden.

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