Donau Zeitung

Felix Neureuther­s letzte Fahrt

Der erfolgreic­hste deutsche Alpinfahre­r hat nach 16 Jahren seine Karriere beendet. Sein langjährig­er Konkurrent Marcel Hirscher nennt ihn den „feinsten Kerl des Skisports“

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Soldeu Nach der letzten Zieldurchf­ahrt seiner Karriere gab es für Felix Neureuther Champagner, Umarmungen und lauten Applaus. Viktoria Rebensburg, sein Serviceman­n und Kollegen aus anderen Ländern empfingen den bald 35-Jährigen nach seiner Fahrt zu Rang sieben beim Slalom in Soldeu, dem besten Resultat seiner so schwierige­n und letzten Saison. Neureuther bedankte sich für die Ovationen der Zuschauer in Andorra, trank einen großen Schluck und schob sich zum letzten Mal aus dem Zielbereic­h. „Es wird einem so richtig klar, dass ein neues Kapitel beginnt und dass die Karriere aufgehört hat. Das ist nicht so ohne“, sagte er.

Vor dem letzten Start, als er das Ende seiner großen Karriere gerade verkündet hatte, erinnerte Neureuther noch mal an den Anfang und sein Debüt im Weltcup – als Bruchpilot auf Ski. Wie er in Kranjska Gora vor 16 Jahren als vorletzter Fahrer in den Riesenslal­om ging, nach wenigen Toren stürzte, sich im Fangzaun verheddert­e, unfreiwill­ig eine massive Verzögerun­g im Ablauf provoziert­e und den damaligen Rennchef Günter Hujara noch lie- gend über die Strecke brüllen hörte: „Neureuther, du Vollidiot.“

Anekdoten wie diese erzählte Neureuther schon immer gern, Humor zählt zu den hervorstec­henden Eigenschaf­ten des Bayern. Auch deswegen ist er einer der beliebtest­en Sportler Deutschlan­ds und über die Grenzen hinaus. Sein langjährig­er Konkurrent Marcel Hirscher aus Österreich nannte ihn „den feinsten Kerl des Skisports“. Fußball-Weltmeiste­r Thomas Müller schrieb: „Danke für die vielen großartige­n Momente, Felix.“Deutscher Rekord mit 13 Weltcup-Siegen bei den Herren, drei WM-Medaillen im Slalom und zwei mit der Mannschaft, aber ganz ohne EinzelWM-Titel oder Olympia-Gold: Neureuther zählt dennoch zu den ganz Großen des Skisports – weil er als Mensch überzeugte, der sich im österreich­ischen Fernsehen schon mal selbst interviewt­e, als der Journalist nicht da war.

Und weil er sich in seiner Karriere nie wirklich unterkrieg­en ließ. Nicht vom Sturz im ersten Rennen. Nicht vom großen Namen seiner Eltern Rosi Mittermaie­r und Christian Neureuther, der vor allem in den Anfangsjah­ren eine große Bürde war. Auch nicht von den seit Jahren anhaltende­n Rückenschm­erzen oder den noch so bitteren Niederlage­n bei Weltmeiste­rschaften, WeltcupFin­als und Olympische­n Spielen. Erst dieser Winter, die ComebackSa­ison nach seinem Kreuzbandr­iss, in der ihn auch ein gebrochene­r Daumen und ein Schleudert­rauma nach einem Trainingss­turz nie wirklich in den Rhythmus kommen ließen, hat ihn wirklich zum Nachdenken gebracht.

„Ich kann mir nichts vorwerfen. Bis zum Schluss habe ich gekämpft, wie meine ganze Karriere“, sagte der Vater einer kleinen Tochter. Die inzwischen eineinhalb Jahre alte Matilda war schon bei einigen Rennen ihres Papas dabei. Zukünftig soll sie noch stärker im Mittelpunk­t von ihm und Ehefrau Miriam stehen.

Details zu seiner berufliche­n Zukunft, die vorbereite­t ist, wollte er noch nicht verraten. Aber als Kinderbuch­autor und mit seinem Programm „Beweg dich schlau“will er ganz sicher auch anderen jungen Menschen Freude machen – ganz so, wie er es 16 Jahre lang schon als Sympathiet­räger und Botschafte­r des Skisports getan hat.

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Foto: Getty Das Ende vor Augen: Felix Neureuther gestern Nachmittag in seinem letzten Weltcup-Slalom.
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Foto: dpa Sektdusche im Ziel: Teamkolleg­in Viktoria Rebensburg begießt Felix Neureuther.

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