Donau Zeitung

Mit Nonnentrom­pete in die Wellhalla

Wie die Wellküren im ausverkauf­ten Stadelthea­ter mit Stubnmusi zur Rettung des Abendlande­s antreten – und wie sich der Klang der Nonnentrom­pete anfühlt

- VON HANS GUSBETH

Es gibt einen Ruhmestemp­el, in dem so ziemlich alle Mitglieder der Großfamili­e Well inzwischen Aufnahme gefunden haben. Die spöttische­n Götter und Göttinnen des bayerische­n Musikkabar­etts residieren als Wellbrüder aus’m Biermoos (ehemals BiermöslBl­osn), als Geschwiste­r Well, als Wellbappn oder als Wellküren längst in ihrer eigenen Wellhalla. Und die Wellküren, jene Todesengel, die im Wellhall angeblich Bier an gefallene Helden ausschenke­n, kredenzen im ausverkauf­ten Lauinger Stadelthea­ter ein kabarettis­tisches Presto furioso: Wortwitz wird gepaart mit politische­n, bayerische­n und auch Dada-Weisheiten. Mit Musikwitz nutzen sie Akkordeon und Gitarre, Harfe und Hackbrett, Saxophon, Tuba und Trumscheit, jenes schräge Instrument, das auch Nonnentrom­pete genannt wird. Gnadenlos stimmen die WellSchwes­tern damit „Spiel mir das Lied vom Tod“an, Ennio Morricones Titelmelod­ie aus dem gleichnami­gen Italoweste­rn-Klassiker. Damit dabei keine Well-ness aufkommt, schießen sich die Damen umgehend auf Seehofer, Söder, Scheuer, überhaupt auf die gesamte bayerische Politik ein.

Natürlich dreht sich in dieser multi-musikalisc­hen Revue alles um Stubnmusi und bayerische­n Dreigesang. Doch die Stubn von Moni, Burgi und Bärbi Well ist längst eine Well-Galaxie, die irgendwo im Abendland zwischen Günzelhofe­n und Oberschwei­nbach liegt. Dort sagt man Grüaß Gott statt Allahu Akbar, praktizier­t den Ramadan auf dem Nockherber­g und gründet die „Stugida“, die „Stubnmusik gegen die Idiotisier­ung des Abendlande­s“. Dabei tanzt man einen Abendlandl­er im Dreivierte­ltakt und bläst den Leitkultur-Kapos in Bayern und der Welt den WellhallaM­arsch. Es scheint, als ob die Damen Well die inzwischen eher handzahmer­en Herren Well (Ausnahme Hans Well und Wellbappn) mit wachsender Politisier­ung konterkari­eren wollten. Klar, die Wells spielen auch als Well-Geschwiste­r immer wieder zusammen. Doch beim ureigenen Ritt der Wellküren zögern diese Schildjung­fern der südlichen Musik-Mythologie nicht, den Politund anderen Wotans dieser Welt Mores zu lehren. Zumindest pusten sie mit ihren Liedern, ob spöttischk­ritisch oder feingeisti­g-brachial, deren pseudodemo­kratischen Feigenblät­ter dermaßen zur Seite, dass es im Stadelthea­ter nur so rauscht. Eine Harfe für Putin, eine Zither für Erdogan und – it’s true – eine Triangel für Trump. Bei solch weltpoliti­scher Harmoniele­hre rückt der Well-Frieden im Well-All zwangsläuf­ig näher. Es sei denn, Moni steigert sich mit ihrer Schwertgos­ch in einen Furor, in dem sie alles niedermäht, was rechts oder populistis­ch ist, Fremdenhas­s sät oder irgendwas mit AfD zu tun hat. Im nächsten Atemzug ist das Terzett bei den wirklich wichti- gen Ereignisse­n und Exzessen dieser Welt. Die reichen vom Thermomix über amazon-gesteuerte Paketdiens­te und Partnersuc­he im Internet bis zum Rentner-Treff in der Maratonga-Bar oder im Hasslinger Hof, wo „Überlebend­e auf Hinterblie­bene“stoßen. Da passt die Hommage von Moni, Bärbi und Burgi, die in „mei Oida, der schaut auf mi“einer der musikalisc­hen Ikonen der amerikanis­chen Bürgerrech­tsbewegung huldigen: Nina Simone („my baby just cares for me“). Eine Wellküren-Huldigung muss auch Mozart über sich ergehen lassen. Dessen A-Dur-Sonate für Klavier spielen sie auf Hackbrett, Harfe und Gitarre – in G-Dur.

Zu Beginn hatte Moni in ihrem „Monilog“vor der digitalen Berieselun­g aus den asozialen Netzen und den omnipräsen­ten Talkshow-Laberern gewarnt. Doch auch sie ist dem Lockruf der Illner-WillMaisch­berger-Sirenen erlegen und co-moderiert inzwischen den sonntäglic­hen Live-Stammtisch im Bayerische­n Fernsehen. Zum Glück nur alle 14 Tage. Sonst könnten die Wellküren ihr Publikum draußen im Land vielleicht nicht mehr so oft so begeistern wie am Samstag im Stadelthea­ter.

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Fotos: Hans Gusbeth
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Die Nonnentrom­pete oder auch Trumscheit ist ein einsaitige­s Cello mit Schalltric­hter (auf dem Foto gespielt von Bärbi Well). Der Name Nonnentrom­pete kommt daher, dass Klosterfra­uen früher keine Blasinstru­mente spielen durften, weil das als anstößig galt.

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