Musikalische Kunst auf höchstem Niveau
Das „Orion Streichtrio“interpretiert im Rittersaal Kompositionen aus drei Jahrhunderten
„Das war Kunst auf höchstem Niveau“, sagte ein Besucher, als er nach Ende der letzten Applaussalve Schloss Höchstädt verließ. Alle Umstehenden nickten. Ermöglicht wurde dieses Fest musikalischer Perfektion durch den Bezirk Schwaben. Das „Orion Streichtrio“mit Soyoung Yoon (Violine), Veit Hertenstein (Viola) und Benjamin Gregor-Smith (Cello) verwandelte mit der souveränen Interpretation von Werken aus drei Jahrhunderten den Rittersaal in einen Schauplatz internationaler Musikkultur.
Seine Begrüßung verknüpfte Matthias Hain vom Bezirk Schwaben mit der Ankündigung, dass die Programmfolge von Mitgliedern der Meisterklasse im Schwäbischen Jugendsinfonieorchester eröffnet werde. Im Rahmen eines einstündigen Workshops hatten sich Susanne Marquardt, Würzburg, (Violine), Laura Lippert, München, (Viola) und Philip Heide, Augsburg, (Cello) vom „Orion Trio“Tipps und Tricks für die perfekte Gestaltung des Es-Dur-Trios op. 3 von Beethoven vermitteln lassen. Und mit dem Vortrag des 1. Satzes „Allegro con brio“bewies das Meisterschülerteam überzeugend seine Fähigkeit, die musikalische Jugendsprache Beethovens zum Ausdruck zu bringen. Eindrucksvoll gestaltete das Trio die Kontraste von Vehemenz und Anmut, von Dynamik und Liedhaftigkeit. Sensibel präsentierte Halbton-Schritte verdeutlichten den Einfluss Mozarts auf dieses Werk, und die fulminanten Crescendi kündigten schon in diesem Frühwerk Beethovens spätere Unverwechselbarkeit an.
Das „Orion Trio“setzte vier „Miniaturen“von Antonín Dvorák an die Spitze seines Vortragsprogramms. Die vielfach ausgezeichneten Instrumentalisten unterstrichen ganz im Geiste der Romantik die Liedhaftigkeit der „Cavatine“, die Lebenslust im „Capriccio“, die geheimnisvolle Moll-Schönheit der „Romance“und schließlich den ästhetischen Trauergesang in der „Ballade“.
Alfred Schnittkes zweisätziges Streichtrio aus dem Jahr 1985 konfrontiert jeden Interpreten mit höchsten Ansprüchen. Das „Orion Streichtrio“verdeutlichte, wie das „Happy-Birthday“-Motiv zu Ehren des 100. Geburtstags von Alban Berg verfremdet, variiert und vom Glanz des Jubels in die Düsternis der Trauer geführt wird. Das Ziel Schnittkes, die Musik seiner Zeit in eine „polystilistische Moderne“zu führen, wurde verständlich. Mit artistischer Meisterschaft demons- trierten Soyoung Yoon, Veit Hertenstein und Benjamin GregorSmith die Mischung von Kompositionsstilen aus verschiedenen Epochen, wobei die historischen Zitate inmitten schriller Dissonanzen einen nostalgischen Akzent erhielten.
Das unvollendete Trio B-Dur, D 471, von Franz Schubert versetzte in der Ausdeutung durch das „Orion Streichtrio“die konzentriert lauschende Zuhörerschaft in ein Welt der romantischen Liederseligkeit und einer Fantasie, die mithilfe der Logik der Kompositionsstruktur die musikalisch-harmonische Schönheit feiert. Einen Schritt weiter geht, wie sich zeigte, der ungarische Komponist Zoltan Kodály: Sein „Intermezzo“aus dem Jahre 1905 versah das Trio mit angemessener Leichtigkeit und mit rhythmischer Variabilität, sodass der tänzerische Charakter des Werks und die Nähe zum ungarischen Csardas brillant unterstrichen wurden.
Den Schluss und klassischen Höhepunkt bildete Beethovens 1798 veröffentlichtes viersätziges Streichtrio c-Moll op. 9 Nr. 3. Die professionelle Wiedergabe machte verständlich, weshalb der junge Beethoven überzeugt sein konnte, mit der Komposition „sein Bestes“zu geben. Die Vorahnung von Walzerschwung in einer Passage des „Allegro con spirito“, die Spannung aufbauende Fragesatzmelodie im „Adagio con espressione“, die dynamische Überwindung menuetthafter Gravität im „Scherzo“und das kunstvolle Geflecht im „Finale“gaben dem „Orion Streichtrio“die Möglichkeit, das Publikum mit der perfekten Form musikalischer Dreieinigkeit zum Staunen zu bringen. Dieses Staunen veranlasste die Besucher zu jubelndem Applaus, der sich sogar mit begeistertem Fußgetrampel mischte, was in einem Rittersaal ja durchaus angemessen ist. Als Zugabe gab es den ersten Satz der „Serenade“von Ernst von Dohnányi. Auch das war angemessen: Denn diese Komposition hatte Zoltan Kodály als Vorbild für sein „Intermezzo“gedient.