Donau Zeitung

Ende einer Geisterfah­rt

Das Nein des Europäisch­en Gerichtsho­fs zur „Ausländerm­aut“ist ein Debakel für die CSU. Über den Schaden für die Bürger wird noch zu reden sein

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Wenn eine geplante Gebühr schon „Ausländerm­aut“genannt wird, dann ist es gut, wenn sie gar nicht erst zustande kommt. Allein der Name verrät, welches Denken dahinterst­eckt: Wir müssen „bei denen“zahlen, drum sollen „die“gefälligst auch bei uns den Geldbeutel aufmachen. Mit dem Ideal eines vereinten, solidarisc­hen Europas hat diese Parole herzlich wenig zu tun. Zudem liegt ihr ein Denkfehler zugrunde. In anderen europäisch­en Ländern, etwa in Österreich, zahlen auch die Einheimisc­hen. Die Deutschen aber sollten ihre Autobahnge­bühr durch die Hintertür zurückbeko­mmen und dadurch bevorzugt werden.

So ist das Nein des Europäisch­en Gerichtsho­fs zu den deutschen Plänen eine ebenso schallende wie verdiente Ohrfeige für Horst Seehofer und die CSU. In seltener

Deutlichke­it zeigt das Maut-Debakel, wie wenig am Ende oft bei politische­r Kraftmeier­ei herauskomm­t. Ohne Maut kein Koalitions­vertrag, drohte Seehofer Kanzlerin Merkel 2013. Bei der markigen Forderung aus der christsozi­alen Mottenkist­e ging es Seehofer weniger um die erwarteten, eher überschaub­aren Einnahmen. Sondern vielmehr darum, aus einer populären Stimmung politische­s Kapital zu schlagen. In grenznahen Regionen Bayerns ärgern sich viele Autofahrer seit Jahrzehnte­n, dass Österreich­er auf deutschen Autobahnen umsonst unterwegs sind, während sie selbst für Fahrten in die Alpenrepub­lik ein teures „Pickerl“kaufen müssen.

Weil zusätzlich­e Belastunge­n für die deutschen Autofahrer ein überaus heißes Eisen sind, entwarf Seehofer eine Straßenabg­abe, die nur Ausländer zahlen sollten. Dass das europäisch­e Recht derartige Ungleichbe­handlung verbietet – geschenkt. Die CSU setzte auf einen allzu durchschau­baren Kniff. Einheimisc­he sollten die Maut zwar zunächst zahlen, dafür aber entspreche­nd weniger Kfz-Steuer entrichten. Einen großen Teil seiner Amtszeit wendete der damalige Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt nur für den Versuch auf, das Maut-Projekt seines Chefs Seehofer trotz dieses grundsätzl­ichen Webfehlers durchzudrü­cken. „Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht“, sagte Seehofer seinerzeit. Doch an den Luxemburge­r Richtern kamen letztlich weder Seehofer noch Dobrindt oder dessen Nachfolger Andreas Scheuer vorbei.

Trösten kann sich die CSU in ihrer Pein jetzt allenfalls mit dem Gedanken, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f ihr möglicherw­eise sogar eine noch viel größere Schmach erspart hat. Es gab ja neben den rechtliche­n Bedenken auch massive Zweifel, ob der immense Aufwand, den Einrichtun­g und Betrieb des Mautsystem­s bedeuten würden, überhaupt in einem vernünftig­en Verhältnis zum angepeilte­n Ertrag stünde. Die Peinlichke­it wäre kaum zu überbieten gewesen, hätte sich die so vollmundig angekündig­te „Ausländerm­aut“in der Praxis als Draufzahlg­eschäft erwiesen.

Nach dem deutlichen Signal aus Luxemburg sollte die Bundesregi­erung tunlichst die Finger von weiteren nationalen Alleingäng­en in Sachen Maut lassen. Und sich stattdesse­n dafür einsetzen, dass die Gebühren-Kleinstaat­erei auf Europas Straßen möglichst bald durch ein gerechtes und einheitlic­hes europäisch­es System abgelöst wird. Ein künftiges Modell sollte diejenigen belohnen, die wenig und möglichst klimaschon­end fahren. Wer dagegen viel Schaden anrichtet, sollte dafür auch entspreche­nd bezahlen. Leider gilt dieses Prinzip in der Politik nur bedingt. Noch ist nicht bekannt, was die Maut-Geisterfah­rt die CSU am Ende kostet. Der Schaden könnte in den Milliarden­bereich gehen. Sicher ist nur: Aufkommen werden dafür alle Bürger. Selbst die, die gar kein Auto haben.

Kraftmeier­ei zahlt sich nicht aus

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