Donau Zeitung

Draghi will noch lockerere Geldpoliti­k

Die Europäisch­e Zentralban­k denkt laut darüber nach, die Zinsen weiter zu senken und mehr Anleihen zu kaufen. Das löst Turbulenze­n an den Geldmärkte­n aus

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Sintra/Frankfurt Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) steuert wegen einer sich verschärfe­nden Konjunktur­flaute auf eine weitere Lockerung der Geldpoliti­k zu. Sollte sich der Ausblick nicht verbessern und die Inflation im Euroraum nicht anziehen, werde eine zusätzlich­e Lockerung der Geldpoliti­k erforderli­ch sein, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Die Aussagen lösten heftige Bewegungen an den Finanzmärk­ten aus und riefen US-Präsident Donald Trump auf den Plan.

Zusätzlich­e Zinssenkun­gen und weitere Anleihekäu­fe seien denkbar, sagte Draghi. Sie gehörten zum Instrument­enkasten der EZB. „Wir werden alle Flexibilit­ät innerhalb unseres Mandats nutzen, um unseren Auftrag zu erfüllen“, versichert­e er. „In den kommenden Wochen wird der EZB-Rat überlegen, wie unsere Instrument­e entspreche­nd angepasst werden können“, hieß es weiter.

Die Hoffnung auf konjunktur­elle Unterstütz­ung löste ein Kursfeuerw­erk im Dax aus. Niedrige Zinsen lassen Aktien im Vergleich zu Anleihen in einem besseren Licht erscheinen. Der Handel mit europäisch­en Staatsanle­ihen verzeichne­te dagegen einen Einbruch der Zinsen. Zehnjährig­e Bundesanle­ihen erreichten ein Rekordtief bei minus 0,33 Prozent. Besonders stark fiel der Marktzins für Griechenla­nd-Anleihen mit 0,22 Punkten auf 2,47 Prozent und für zehnjährig­e Italien-Anleihen mit 0,21 Punkten auf 2,09 Prozent. Die Signale der EZB für eine lockere Geldpoliti­k setzten auch den Euro unter Druck. Zeitweise rutschte der Kurs unter die Marke von 1,12 US-Dollar. Eine Entwicklun­g, die US-Präsident Trump scharf kritisiert­e.

„Mario Draghi hat gerade angekündig­t, dass weitere Stimuli kommen könnten, was den Euro gegenüber den Dollar sofort fallen ließ“, schrieb Trump auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Dies mache es „ihnen“– vermutlich den Euroländer­n – zu Unrecht leichter, gegen die USA im Wettbewerb anzutreten. „Damit kommen sie seit Jahren durch“, kritisiert­e Trump weiter.

Trump hatte sich zuvor mehrfach mit zum Teil herber Kritik in Richtung der US-Notenbank Fed zu Wort gemeldet. Er fordert vehement eine Zinssenkun­g in den USA, damit der Aufschwung der amerikanis­chen Wirtschaft gestützt wird.

Angesichts wachsender Konjunktur­risiken hatten die Währungshü­ter eine erste Zinserhöhu­ng bereits bis mindestens Mitte 2020 verschoben. Der Leitzins im Euroraum verharrt auf dem Rekordtief von null Prozent. Banken müssen weiter 0,4 Prozent Strafzinse­n zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken.

„Nach den Äußerungen Draghis erwarten wir, dass die EZB schon auf ihrer nächsten Sitzung am 25. Juli eine Senkung des Einlagezin­ses von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent beschließt“, kommentier­te EZBFachman­n Michael Schubert von der Commerzban­k. Mit neuen Käufen von Staatsanle­ihen rechnet Schubert nur, falls die wirtschaft­liche Entwicklun­g deutlich schlechter ausfallen sollte.

Die EZB strebt mittelfris­tig für den Euroraum eine Jahresteue­rungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Dauerhaft niedrige oder sinkende Preise können Unternehme­n und Verbrauche­r verleiten, Investitio­nen aufzuschie­ben. Doch ihr Ziel stabiler Preise wird die EZB nach eigener Einschätzu­ng absehbar verfehlen. Die Teuerung dürfte nach EZB-Prognose 2019 bei 1,3 Prozent liegen. Für 2020 erwartet die Notenbank eine Inflations­rate von 1,4 Prozent.

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Foto: dpa Der Präsident der Europäisch­en Zentralban­k, Mario Draghi, kündigt an, dass die Notenbank über weitere Anleihenkä­ufe und niedrigere Zinsen nachdenkt.

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