Donau Zeitung

Interesse, das leider bald wieder nachlässt

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Es sind ermüdende Vergleiche. Wo ist Frauenfußb­all dem Männerfußb­all überlegen? Und wo haben die Herren einen Vorteil? All jene, die es mit den Frauen halten, führen dann die Titelsamml­ung an, kurz darauf gefolgt mit dem Hinweis, dass nach einem zarten Schubser noch kein Bett für eine Spielerin in einem Spital freigeräum­t werden musste. Für die Männer dagegen sprächen Tempo und Technik. Dutzendfac­h geschriebe­n, gelesen, gesendet, gehört. Als würde irgendjema­nd Frauen- mit Männerhock­ey vergleiche­n. Oder Tischtenni­s.

Alle vier Jahre aber arbeiten sich die beiden Parteien aneinander ab. Rund um die Frauenfußb­all-WM werden alle schon zigfach ausgetausc­hten Argumente wiedergekä­ut. Alle vier Jahre beantworte­n auch die Sportredak­tionen des Landes die gleichen Fragen: Warum berichtet ihr nicht umfangreic­her über die WM? Interessie­rt euch Frauenfußb­all nicht? Habt ihr überhaupt schon mal ein Frauenfußb­allspiel gesehen? Die Antworten: Auch Zeitungsse­iten sind endlich. Doch. Ja.

Dass sich abseits der kickenden Frauen auch noch andere Sportarten in den Zeitungen wiederfind­en, liegt an dem von uns Redakteure­n vermuteten Leserinter­esse. Das ist subjektiv, lässt sich aber immerhin durch ein paar Daten unterfütte­rn. Das Spiel der Deutschen gegen

Südafrika haben sechs Millionen Fernsehzus­chauer in Deutschlan­d verfolgt. Das ist immerhin eine Million mehr als die erste Partie der männlichen deutschen U21-Mannschaft bei der EM – aber weit entfernt vom Interesse während einer Männerfußb­all-WM. Was nichts über die Qualität aussagt, aber eben über Vorlieben. Des Sportjourn­alisten Aufgabe ist es nicht, den Frauenfußb­all zu fördern. Vollkommen berechtigt könnten sich sonst Fans anderer Sportarten zu Wort melden, die weit unter dem Aufmerksam­keits–Radar fliegen.

Möglicherw­eise handelt es sich bei mancher Beschwerde auch um falsch verstanden­e Förderung der Gleichbere­chtigung. Wie sonst lässt sich erklären, dass zu Spielen der Frauen-Bundesliga im Schnitt nicht einmal 1000 Zuschauer kommen? Alle vier Jahre sollen die Frauen dann aber wie Männer behandelt werden. Das funktionie­rt nicht. Der DFB sieht das ähnlich. Gewinnen die Frauen den Titel, erhält jede Spielerin 75000 Euro – und somit 275 000 weniger als die Männer bei einem Titelgewin­n in Russland erhalten hätten. Unfair? Nein. Die meisten Erlöse des Verbands stammen aus dem Männerbere­ich. Basketball­er, Volleyball­er, Rodler kassieren nur einen Bruchteil dieser Summen. Frauen wie Männer. Auch das hat nichts mit Diskrimini­erung zu tun.

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Foto: Witters Im Mittelpunk­t für wenige Wochen: Nationalsp­ielerin Sara Däbritz.
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