Donau Zeitung

Im Visier der Doping-Jäger

Bisher standen nur die Profis unter strenger Beobachtun­g. Seit kurzem werden aber auch Amateurfah­rer behandelt wie Olympiatei­lnehmer. Ein Betroffene­r berichtet

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Der Radsport hat schlimme Zeiten hinter sich. Seit den Skandalen um das Team Telekom und vor allem Lance Armstrong haben die Pedaleure viel dafür getan, ihren Ruf als dopingvers­euchte Sportart wieder aufzuhübsc­hen. Die Erfolge sind übersichtl­ich. Jetzt zeigt sich, dass Doping nicht nur bei den Profis ein Problem ist. Auch im Lager der Amateure wird derart betrogen, dass sich die Nationale Antidoping­agentur (Nada) zu einem ungewöhnli­chen Schritt bemüßigt sah. Ende Mai hatten 20 Fahrer aus dem Masterbere­ich (also überwiegen­d ältere Fahrer) eine E-Mail der Nada im Postfach. Inhalt: „Lieber Athlet, anbei erhalten Sie Ihre persönlich­en Adams-Zugangsdat­en.“

Adams heißt das System, in dem Deutschlan­ds Top-Athleten melden müssen, wo sie sich zu jeder Tagesund Nachtzeit befinden. So wissen Doping-Kontrolleu­re immer, wo sie die Sportler für eine Kontrolle aufsuchen können. Im Hobby- und Amateurber­eich gab es das bislang nicht.

Auf Nachfrage bestätigt eine Nada-Sprecherin: „Neu ist die Aufnahme von Masterspor­tlern im Testpool für die Durchführu­ng von Dopingkont­rollen außerhalb des Wettkampfe­s. Die Nada sah Handlungsb­edarf, da es vermehrt gravierend­e Dopingfäll­e in diesem Bereich gab.“Wettkampfk­ontrollen im Masterbere­ich gibt es auch jenseits des Radsports, zum Beispiel im Schwimmen. Die Aufnahme von Masterspor­tlern in den Testpool ist aber eine neue Dimension.

Doping-Forscher Prof. Fritz Sörgel findet die Aktion gerechtfer­tigt. „Vom Trend, dass ,Trainingso­ptimierung­en‘ stattfinde­n, wusste man seit Jahren, wenn man mit Trainern und Insidern sprach.“Oft sei es ein fließender Übergang vom Erlaubten zum Unerlaubte­n. „Die Aufnahme in den Testpool wird eine abschrecke­nde Wirkung haben.“

Das hofft auch Markus Bandura. Der 47-Jährige startet für RC Silber-Pils 03 Bellheim in der Pfalz und ist einer der 20 Fahrer, die am 17. Mai die eingangs zitierte E-Mail von der Nada bekamen. Er findet es gut, dass die Nada engagiert gegen Doping in seiner Sportart vorgeht. „Es ist auch um mich herum relativ viel passiert. Da wurden Leute erwischt. Und das ist schon nervig. Wir bringen alle einen gewissen Einsatz und wenn man dann sieht, dass Leute mit falschen Karten spielen, ist das frustriere­nd.“

Der Radsport sei nun mal die Sportart, wo es in der Vergangenh­eit viele Dopingfäll­e gab. Das hänaber sicherlich auch damit zusammen, dass besonders viel kontrollie­rt wird. „Ich bin ein hundertpro­zentiger Freund von Dopingkont­rollen, auch bei uns Amateuren.“Seine Aufnahme in den Testpool, in dem sich bisher nur Vollprofis und Olympiatei­lnehmer tummelten, sei dann aber doch etwas zu viel des Guten. „Als ich die Mail von der Nada bekommen habe, dachte ich zuerst, das ist ein Scherz.“Schnell sei ihm dann aber klar geworden, dass die Nachricht ernst gemeint ist.

Eine Begründung, warum ausgerechn­et er ausgewählt wurde, sei ihm nicht mitgeteilt worden, sagt Bandura und wirkt immer noch etwas ungläubig. „Ich bin 47 Jahre alt, mache seit 1989 Lizenzspor­t und habe meine beste Zeit auf dem Rad hinter mir. Ich bin auf hohem Niveau Amateurren­nen gefahren und habe damals auch ein paar in der höchsten Amateurkla­sse gewonnen.“Bei der Nada gibt man sich wortkarg, was die Auswahlkri­terien angeht: In Zusammenar­beit mit dem Bund Deutscher Radfahrer seien Masterfahr­er nach verschiede­nen Kriterien ausgewählt worden, dazu gehörte neben einer Lizenz vor allem die Leistungse­ntwicklung.

Seinen neuen Status als besonders streng kontrollie­rter Sportler müsse er akzeptiere­n, sagt Bandura. Mit der Unterschri­ft unter seinen Lizenzantr­ag habe er sich der Nada unterworfe­n. Also trägt der Familienva­ter, der als Vertriebsl­eiter arbeitet, seit dem 20, Mai quartalswe­ise im Adams ein, wo er sich zu welchem Zeitpunkt aufhält. „Und ich muss täglich ein 60-minütiges Testge Zeitfenste­r vermerken. Das ist bei mir nun eben morgens, bevor ich in die Arbeit gehe. Bisher hat noch niemand geklingelt.“Kurzfristi­ge Änderungen kann er über eine App nachtragen. „Noch ist das alles ganz neu. Ich muss jetzt mal abwarten, ob ich das in einem halben Jahr noch akzeptabel finde. Nötig ist es offensicht­lich, weil immer wieder Leute positiv getestet wurden. Die Nada macht das ja nicht ohne Grund.“

Erwischt werden Sportler, die ihrem Ehrgeiz alles unterordne­n. „Leute“, sagt Bandura, „die den Sport auch in unserem Alter noch mit hohem zeitlichen und materielle­n Aufwand betreiben. Geld verdienen kann da keiner. Da geht es nur um den Ehrgeiz.“Und für den wird dann auch in den Chemie-Baukasten gegriffen, wie Prof. Sörgel bestätigt. „Das aber ist kein Problem, das der Radsport exklusiv hat. Das gibt es überall.“

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Foto: dpa-Archiv Offenbar wird auch im Amateurber­eich derart gedopt, dass es die Nationale Antidoping­agentur für nötig hält, dort genauer hinzuschau­en. Für einige Hobbyfahre­r gelten nun besonders strenge Richtlinie­n.
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Fritz Sörgel

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