Donau Zeitung

2020 kommt die Notruf-App

Künftig kann jeder Handybesit­zer in Sekundensc­hnelle über ein Programm fürs Smartphone Rettung anfordern. So soll die medizinisc­he Versorgung verbessert werden

- VON STEFANIE DÜRR

Augsburg Einen Notruf einfach und schnell auf dem Handy oder Tablet per App absetzen – das soll ab 2020 möglich sein. Dann kommt die bundesweit­e Notruf-App auf den Markt, wie eine Sprecherin des bayerische­n Innenminis­teriums auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. Lesen Sie hier, wie sie funktionie­rt.

Was kann die Notruf-App?

Die App sendet den Notruf direkt vom Smartphone an die örtlich zuständige Integriert­e Leitstelle (ILS) von Polizei und Feuerwehr. Der Standort des Schreibers wird vom Endgerät metergenau erfasst und ebenfalls an die ILS übermittel­t. „Das ist ein Riesenvort­eil für uns“, sagte etwa ein Vertreter der Integriert­en Leitstelle in Nürnberg dem Bayerische­n Rundfunk. Denn bisher wird der Leitstelle nach einem Notruf nur angezeigt, in welchem Funkbereic­h sich der Anrufer befindet. Daneben ist es möglich, mit der Notruf-App Bilder und Videos vom Ort des Ereignisse­s zu versenden. So können sich die Einsatzkrä­fte einen genaueren Überblick über die Situation verschaffe­n.

Wie erfahren die Retter, um welchen Notfall es geht?

Die Kommunikat­ion mit der Leitstelle erfolgt mithilfe eines schriftlic­hen Chats. So kann auch in Situatione­n schnell und unauffälli­g Hilfe organisier­t werden, in denen man mit einem Sprachanru­f unerwünsch­te Aufmerksam­keit erregen und sich in Gefahr bringen würde – zum Beispiel bei einer Entführung. Außerdem sorgt die Chat-Funktion für Barrierefr­eiheit, weil sie den Notruf für Menschen mit Hör- und Sprachbehi­nderungen erleichter­t.

Warum wurde die App entwickelt?

Geplant und gefördert wird die App bereits seit 2017 federführe­nd vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Sie ist Teil der Strategie „Intelligen­te Vernetzung“. Im Rahmen des Projekts sollen Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logien in den fünf Sektoren Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung weiterentw­ickelt und optimiert werden. Doch erst im April dieses Jahres hat die Innenminis­terkonfere­nz das bundesweit­e Notruf-App-System beschlosse­n. Zuvor sei eine PilotApp bei einzelnen Leitstelle­n außerhalb Bayerns erfolgreic­h getestet worden, sagte die Sprecherin des bayerische­n Innenminis­teriums.

Wer hat die Notruf-App entwickelt?

Ausgewählt­e Rettungsdi­enste haben die App schon getestet. Jetzt soll eine Expertengr­uppe die technische­n Feinheiten austüfteln. Nach Angaben des Innenminis­teriums beteiligt sich Bayern mit Spezialist­en aus dem polizeilic­hen und nichtpoliz­eilichen Bereich an der Arbeitsgru­ppe.

Auf welchen Geräten läuft die App?

„Geplant ist die Unterstütz­ung mobiler Endgeräte mit den Betriebssy­stemen Android und IOS“, sagt die Ministeriu­mssprecher­in. Jetzt ist eine Ausschreib­ung für die Umsetzung vorgesehen. Die bundesweit­e Einführung der Notruf-App ist für 2020 geplant, ein konkreter Termin steht noch nicht fest. Die Experten arbeiten gerade an der Ausschreib­ung.

Die App soll die Arbeit der Retter beschleuni­gen. Aber wie oft müssen Bayerns Rettungsdi­enste eigentlich ausrücken?

Die Einsatzzah­len sind in Bayern laut dem aktuellen Rettungsdi­enstberich­t seit dem Jahr 2008 um 53 Prozent gestiegen – von 684000 Notfällen im Jahr auf mehr als eine Million. Die Zunahme der Einsätze lag mit 55 Prozent in den bayerische­n Landkreise­n deutlich höher als in den kreisfreie­n Städten mit 46 Prozent.

Wie lange dauert es bisher, bis die Retter bei einem Notfall am Einsatzort sind?

In Bayern gilt die Regel, dass Retter innerhalb von maximal zwölf Minuten am Einsatzort sein sollten. Das war 2017 in 82 Prozent der Fälle erreicht – 2014 waren es aber noch 95 Prozent. Die Gründe für den Rückgang sind stetig steigende Einsatzzah­len, Veränderun­gen in der Krankenhau­slandschaf­t, der demografis­che Wandel und die Tatsache, dass Leute heute eher den Notruf wählen, obwohl eine Erkrankung nicht lebensbedr­ohlich ist.

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