2020 kommt die Notruf-App
Künftig kann jeder Handybesitzer in Sekundenschnelle über ein Programm fürs Smartphone Rettung anfordern. So soll die medizinische Versorgung verbessert werden
Augsburg Einen Notruf einfach und schnell auf dem Handy oder Tablet per App absetzen – das soll ab 2020 möglich sein. Dann kommt die bundesweite Notruf-App auf den Markt, wie eine Sprecherin des bayerischen Innenministeriums auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. Lesen Sie hier, wie sie funktioniert.
Was kann die Notruf-App?
Die App sendet den Notruf direkt vom Smartphone an die örtlich zuständige Integrierte Leitstelle (ILS) von Polizei und Feuerwehr. Der Standort des Schreibers wird vom Endgerät metergenau erfasst und ebenfalls an die ILS übermittelt. „Das ist ein Riesenvorteil für uns“, sagte etwa ein Vertreter der Integrierten Leitstelle in Nürnberg dem Bayerischen Rundfunk. Denn bisher wird der Leitstelle nach einem Notruf nur angezeigt, in welchem Funkbereich sich der Anrufer befindet. Daneben ist es möglich, mit der Notruf-App Bilder und Videos vom Ort des Ereignisses zu versenden. So können sich die Einsatzkräfte einen genaueren Überblick über die Situation verschaffen.
Wie erfahren die Retter, um welchen Notfall es geht?
Die Kommunikation mit der Leitstelle erfolgt mithilfe eines schriftlichen Chats. So kann auch in Situationen schnell und unauffällig Hilfe organisiert werden, in denen man mit einem Sprachanruf unerwünschte Aufmerksamkeit erregen und sich in Gefahr bringen würde – zum Beispiel bei einer Entführung. Außerdem sorgt die Chat-Funktion für Barrierefreiheit, weil sie den Notruf für Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen erleichtert.
Warum wurde die App entwickelt?
Geplant und gefördert wird die App bereits seit 2017 federführend vom Bundeswirtschaftsministerium. Sie ist Teil der Strategie „Intelligente Vernetzung“. Im Rahmen des Projekts sollen Informations- und Kommunikationstechnologien in den fünf Sektoren Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung weiterentwickelt und optimiert werden. Doch erst im April dieses Jahres hat die Innenministerkonferenz das bundesweite Notruf-App-System beschlossen. Zuvor sei eine PilotApp bei einzelnen Leitstellen außerhalb Bayerns erfolgreich getestet worden, sagte die Sprecherin des bayerischen Innenministeriums.
Wer hat die Notruf-App entwickelt?
Ausgewählte Rettungsdienste haben die App schon getestet. Jetzt soll eine Expertengruppe die technischen Feinheiten austüfteln. Nach Angaben des Innenministeriums beteiligt sich Bayern mit Spezialisten aus dem polizeilichen und nichtpolizeilichen Bereich an der Arbeitsgruppe.
Auf welchen Geräten läuft die App?
„Geplant ist die Unterstützung mobiler Endgeräte mit den Betriebssystemen Android und IOS“, sagt die Ministeriumssprecherin. Jetzt ist eine Ausschreibung für die Umsetzung vorgesehen. Die bundesweite Einführung der Notruf-App ist für 2020 geplant, ein konkreter Termin steht noch nicht fest. Die Experten arbeiten gerade an der Ausschreibung.
Die App soll die Arbeit der Retter beschleunigen. Aber wie oft müssen Bayerns Rettungsdienste eigentlich ausrücken?
Die Einsatzzahlen sind in Bayern laut dem aktuellen Rettungsdienstbericht seit dem Jahr 2008 um 53 Prozent gestiegen – von 684000 Notfällen im Jahr auf mehr als eine Million. Die Zunahme der Einsätze lag mit 55 Prozent in den bayerischen Landkreisen deutlich höher als in den kreisfreien Städten mit 46 Prozent.
Wie lange dauert es bisher, bis die Retter bei einem Notfall am Einsatzort sind?
In Bayern gilt die Regel, dass Retter innerhalb von maximal zwölf Minuten am Einsatzort sein sollten. Das war 2017 in 82 Prozent der Fälle erreicht – 2014 waren es aber noch 95 Prozent. Die Gründe für den Rückgang sind stetig steigende Einsatzzahlen, Veränderungen in der Krankenhauslandschaft, der demografische Wandel und die Tatsache, dass Leute heute eher den Notruf wählen, obwohl eine Erkrankung nicht lebensbedrohlich ist.