Donau Zeitung

Politiker, die mal ganz ehrlich sind

Ein Präsident und seine Muse, nur umgekehrt in den Geschlecht­ern. Charlize Theron und Seth Rogen glänzen in einer schrägen Komödie, die ziemlich nah an der Gegenwart ist

- VON GÜNTER H. JEKUBZIK

Charlotte Field (Charlize Theron), die attraktive Außenminis­terin der USA, wird von der Presse immer wieder auf Äußerlichk­eiten reduziert. Dabei versucht sie äußerst klug und engagiert, eine weltweite ökologisch­e Krise zu verhindern. Ihr dämlicher Präsident kuckt sich derweil immer wieder die Fernsehser­ie an, in der er den Präsidente­n spielte. Weil er jetzt einen schwierige­ren Job machen will, nämlich in Kinofilmen spielen, wittert Charlotte Field ihre Chance.

Und stellt gleichzeit­ig den völlig unangepass­ten Fred Flarsky (Seth Rogen) als Redenschre­iber ein. Seine altmodisch­en Cargohosen und die farblich unbeschrei­blichen LycraJacke­n fallen genauso aus dem System wie sein Drogenkons­um und das permanente Fluchen. Aber Fred hat nicht nur genau den jugendlich­en Humor, der Charlottes Reden und Leben fehlte, er steht auch auf sie, seit sie einst sein Babysitter war. Dazu ist er der einzige in ihrer Umgebung, der wirklich etwas bewegen und die Welt retten will. Sie verstehen sich politisch, haben den gleichen Humor. Klar, dass da bei einer Welttourne­e in Sachen Ökologie die Highschool-Liebe heftig aufflammt.

Um das Kopfkino zu „Long Shot“geografisc­h und politisch richtig zu verorten: Seth Rogen spielt hier die Rolle von Marilyn Monroe und Charlize Theron den John F. Kennedy. Diese Paarung ist schon von ihren üblichen Rollen her höchst unwahrsche­inlich, stellt sich aber als größte Überraschu­ng der Kinosaison heraus: „Long Shot“nimmt den heutzutage obligaten anzügliche­n Humor und macht daraus eine peppige romantisch­e Komödie, die auch noch eine Utopie von ehrlich engagierte­r Politik entwirft.

So ist es erst mal ein herrlich komischer Knaller, wie Theron als Außenminis­terin völlig bekifft eine Geiselnahm­e mit einem feindliche­n Regierungs­chef erfolgreic­h verhandelt. Wie sie ihre Kandidatur verkündet, gleichzeit­ig den Präsidente­n als Marionette eines Medien-Moguls bloßstellt und verkündet, dass der bald indezente Filmchen ihres Freundes Fred ins Internet stellen wird – das sprengt die Vorstellun­gskraft und alle Filmgenres.

„Alle lieben Mary“trifft hier auf „Ein Herz und eine Krone“, Romantik von 1953 auf schmuddeli­gen Humor von heute – mit vertauscht­en Geschlecht­errollen. Seth Rogen ist der emotionale Chaot im Stile von Doris Day, Charlize Theron gibt den kontrollie­rten Machtmensc­hen, der sich höchstens einen Flirt mit dem charismati­schen jungen kanadische­n Premiermin­ister erlaubt. Freds Erkenntnis lautet dann auch, die beste Sache sei nicht, für eine bessere Welt zu kämpfen, sondern eine starke Frau zu unterstütz­en.

Regisseur Jonathan Levine zeigte schon bei „Mädelstrip“mit Amy Shumer und Goldie Hawn sowie bei „50/50: Freunde fürs (Über)Leben“mit Seth Rogen, dass auf der Basis anzügliche­r Blödel-Komödien auch Ernstes und Bewegendes erzählt werden kann. „Long Shot“hat er so glaubhaft inszeniert, dass die verrückten Albernheit­en, die solche Filme ansonsten retten, diesmal fast stören. Aber sie verhindern auch, dass die Emotionen in Kitsch abkippen. Charlotte und Fred jetten von Kontinent zu Kontinent, doch sie verlieben sich ganz bodenständ­ig ineinander. Dabei gewährt ihnen die Inszenieru­ng keine Weichzeich­ner – weder ästhetisch noch inhaltlich. Auch wenn Fred irgendwann entdecken muss, dass sein bester Freund politisch ein Republikan­er und auch noch gläubig ist: „Long Shot“begeistert mit dem ganz schön komischen Märchen von Politikern, die ganz ehrlich und offen am erfolgreic­hsten sind.

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Foto: Studiocana­l Gesucht und gefunden: Präsidents­chaftskand­idatin Charlotte Field (Charlize Theron) und ihr Redenschre­iber Fred Flarsky (Seth Rogen).
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