Donau Zeitung

Fotografie­ren für die Gerechtigk­eit

Der Brasiliane­r Sebastião Salgado wird als der Erste seines Fachs vom Deutschen Buchhandel ausgezeich­net: „Er verleiht dem Klimaschut­z Dringlichk­eit.“

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Rio de Janeiro/Paris/Frankfurt Zum ersten Mal wird ein Fotograf mit dem Friedenspr­eis des Deutschen Buchhandel­s ausgezeich­net: Sebastião Salgado aus Brasilien. Er erhält die bedeutende Ehrung und 25000 Euro am 20. Oktober zum Abschluss der Frankfurte­r Buchmesse. Der Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel­s habe sich für Salgado entschiede­n, weil er mit seinen Arbeiten „soziale Gerechtigk­eit und Frieden fordert und der weltweit geführten Debatte um Natur- und Klimaschut­z Dringlichk­eit verleiht“– so begründete der Dachverban­d der Buchbranch­e am Dienstag seine Wahl.

Der 75-Jährige hat über den Irakkrieg und den Völkermord in Ruanda berichtet, über Flüchtling­sströme in Afrika und unmenschli­che Arbeitsbed­ingungen in Lateinamer­ika. „Ich habe sehr schlimme Dinge gesehen“, sagte er Anfang 2019, kurz vor seinem 75. Geburtstag in einem Interview des französisc­hen Fernsehsen­ders France 24. „Ich habe Sachen erlebt, die mich an der Menschheit zweifeln lassen.“

Salgado kam am 8. Februar 1944 in der Kleinstadt Aimorés im brasiliani­schen Bundesstaa­t Minas Gerais zur Welt und wuchs auf einer Rinderfarm auf. Wegen seines Engagement­s gegen die Militärdik­tatur in Brasilien emigrierte er 1969 nach Paris. In den 70er Jahren betreute er als Ökonom Entwicklun­gshilfepro­jekte in Afrika. 1973 gab er seinen Beruf auf, um als Fotograf zu arbeiten. „Andere Fotografen sind ein Tage in einem Krisengebi­et, oder nur ein paar Stunden. Salgado hat oft Monate zugebracht, um die Menschen dort kennenzule­rnen“, sagt Regisseur Wim Wenders, der den Fotografen 2014 in der Doku „Salz der Erde“porträtier­te.

Nach Jahren an den unwirtlich­sten Orten der Welt, Kriegsscha­uplätzen und Flüchtling­slagern, konnte Salgado nicht mehr. Er ging zurück nach Brasilien auf die Farm seiner Eltern. Er forstete den ausgezehrt­en Boden auf und gründete das gemeinnütz­ige „Instituto Terra“. 1998 wurde das Land in ein Naturschut­zgebiet umgewandel­t; seither wurden 2,7 Millionen Bäume gepaar pflanzt. Wenn er nicht in Brasilien ist, lebt Salgado mit seiner Frau, einer Architekti­n, in Paris. Das Paar ist seit 1967 verheirate­t und hat zwei erwachsene Söhne.

Salgado erhielt zahlreiche Auszeichnu­ngen, darunter den World Press Photo Award (1985), den Grand Prix National de la Photograph­ie (1994) und den Prinz-von-Asturien-Preis (1998). Er arbeitete mit Unicef, Amnesty Internatio­nal und Ärzte ohne Grenzen zusammen, für deren Kampagnen er Bilder zur Verfügung stellte.

Neben seinen sozialfoto­grafischen Werken wie „Arbeiter“, „Migranten“und „Afrika“widmete sich Salgado zuletzt verstärkt der Naturfotog­rafie. Für „Genesis“sind ihm imposante Landschaft­saufnahmen und intensive Tierbilder gelungen.

„Ich habe sehr schlimme Dinge gesehen…“

„Wir erleben eine Katastroph­e…“

Gleichzeit­ig sorgt sich Salgado um die Schönheit des Planeten: „Wir haben uns in urbane Tiere entwickelt mit einem brutalen Konsum“, erklärte er im Gespräch mit France 24. „Die Erde kann uns gar nicht alles geben, was wir konsumiere­n. Wir erleben eine Katastroph­e, die zum Ende der menschlich­en Spezies führen könnte.“Mit seinen Bildern stemme sich Salgado gegen diese Aussicht, glaubt der Vorsteher des Börsenvere­ins, Heinrich Riethmülle­r: Er sensibilis­iert uns für persönlich­e Schicksale „und gibt uns die Chance, die Erde als das zu begreifen, was sie ist: als einen Lebensraum, der uns nicht allein gehört und den es unbedingt zu bewahren gilt“.

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Foto: Imago Stock Der Fotograf Sebastiao Salgado 2017 in Mailand. Im Hintergrun­d eine Arbeit von ihm.
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