Donau Zeitung

EU uneinig über das Klima

Im Ringen um die Top-Posten belauern sich die Staats- und Regierungs­chefs weiter – beim Umweltschu­tz geht es nicht weiter

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Bundeskanz­lerin hatte zwar bei ihrem Eintreffen in Brüssel „einen spannenden Tag“versproche­n. Aber Angela Merkel konnte nicht damit rechnen, dass aus der großen Überraschu­ng am Ende ein peinlicher Rückschlag werden würde. Eigentlich wollten die Staatsund Regierungs­chefs der Europäisch­en Union zum Auftakt ihres zweitägige­n Gipfeltref­fens am Donnerstag­abend beschließe­n, die Gemeinscha­ft bis 2050 klimaneutr­al zu machen. „Ich kann das auch für Deutschlan­d zusichern“, erklärte Merkel. Es wäre eine faustdicke Überraschu­ng gewesen. Denn Klimaneutr­alität bedeutet, dass die meisten Treibhausg­ase eingespart werden und der Rest beispielsw­eise durch Aufforstun­g oder Speicherun­g aufgefange­n wird. Um die globale Erwärmung und ihre katastroph­alen Folgen abzumilder­n, müsste die europäisch­e Wirtschaft umgebaut werden – weg von Öl, Kohle und Gas. Doch die gute Absicht scheiterte.

Polen, Ungarn, Tschechien und Estland weigerten sich hartnäckig. Zu groß und unbezahlba­r schien den vier Regierungs­chefs der Aufwand, innerhalb von „nur“30 Jahren das eigene Land komplett umzurüsten. Der Gipfel, der als Antwort auf die Europawahl und die breiten öffentlich­en Forderunge­n nach mehr Klimaschut­z geplant war, erlebte einen furiosen Fehlstart.

Damit war die Stimmung schon im Keller, noch bevor es am Abend an das eigentlich­e Thema dieses europäisch­en Spitzentre­ffens ging: Wie stellt sich die Union für die nächsten fünf Jahre personell auf? Gar nicht, lautete die Antwort der Staats- und Regierungs­chefs, schließlic­h habe man ja noch etwas Zeit. Es sei „nicht bedrohlich“, meinte Merkel, wenn es „heute noch keine Entscheidu­ng“gebe. Bis zur konstituie­renden Sitzung des neu gewählten Europaparl­aments am 2. Juli in Straßburg seien ja noch ein paar Tage hin.

Aus der Konfrontat­ion zwischen der deutschen Kanzlerin und dem französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron scheint ein geordnetes Miteinande­r zu werden. Zumindest signalisie­rte das eine Mitteilung aus dem Pariser Präsidente­npalast, in der es hieß: „In diesen Debatten wird nichts gemacht werden ohne eine deutsch-französisc­he Vereinbaru­ng.“Wie diese aussehen könnte, überstieg allerdings die Fantasie vieler. Wenige Tage nach der Europawahl hatte sich Macron ausdrückli­ch gegen den christdemo­kratischen Spitzenkan­didaten Manfred Weber als neuen Kommission­spräsident­en ausgesproc­hen, Merkel verteidigt­e den CSU-Politiker.

Die Operation wird nicht einfach: Eigentlich wollten sich die vier großen Fraktionen im Parlament bis zum Donnerstag auf ein Arbeitspap­ier für die kommenden fünf Jahre einigen, um den Nachfolger oder die Nachfolger­in von Kommission­schef Jean-Claude Juncker an die Leine zu legen. Daraus wurde nichts. Somit fehlte die machtvolle Demonstrat­ion der Volksvertr­eter, die nicht nur inhaltlich, sondern auch personell einen Namen anbieten wollten, der über eine Mehrheit verfügt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany