Donau Zeitung

Die Massenmode muss aus der Mode kommen

Der Textilhand­el setzt auf Menge. Und auf Rabatte. Oft in einer Atmosphäre absoluter Tristesse. Ein ungesundes Konzept, das viele Verlierer erzeugt

- VON DANIELA HUNGBAUR huda@augsburger-allgemeine.de

Ist das vorstellba­r? Städte ohne Modeläden? Es gibt sicher Menschen, die das achselzuck­end hinnehmen. Die keinen Verlust empfinden. Die Hose, Kleid und Schuhe längst im Internet kaufen. Wie anderes auch. Vielen wird aber sicher mulmig bei der Vorstellun­g, dass sie verschwind­en könnten. Die klassische­n Modehäuser in den Innenstädt­en. Die Lage ist ernst. Sehr ernst. Für etliche Experten ist das Sterben in den Einkaufsme­ilen eine ausgemacht­e Sache. Für sie ist es nur noch eine Frage der Zeit. Weil der Onlinehand­el immer stärker an Fahrt gewinnt. Weil die Geschäftsm­odelle vieler Modeanbiet­er einfach nicht mehr funktionie­ren.

Dass sie nicht mehr funktionie­ren, ist aber oft nachvollzi­ehbar. Eine Branche, die vorgibt, Mode zu verkaufen, Sachen also, die den Alltag bunter, schillernd­er machen,

bietet ihre Produkte nicht selten in einer Atmosphäre absoluter Tristesse an. Stangen- und Regal-Langeweile wohin das Auge blickt. Lageratmos­phäre. Massenware. Stapelbar. Austauschb­ar. Im Angebot. Wie kann das sein? Wie kann mit einer Ware, die Menschen attraktive­r machen soll, so umgegangen werden? Wie kann der eigenen Ware so wenig Wert beigemesse­n werden? Massenware muss aus der Mode kommen. Sie ist in Zeiten, in denen Nachhaltig­keit immer wichtiger werden sollte, ein Unding.

Mit Massenware in düsteren Läden heben sich Modehändle­r vor allem nicht vom Internetha­ndel ab. Genau das müssen sie aber, wenn sie überleben wollen. Das wissen sie seit Jahren. Zum Glück gibt es sie ja auch, die Modehändle­r, gerade in der Region, die experiment­ierfreudig sind, die neue Wege im Verkauf gehen und die digitalen Möglichkei­ten ausprobier­en. Auch manche Boutique versteht es, ihre Kunden an sich zu binden, ihnen Besonderes zu bieten, sie glücklich zu machen. Von solchen Läden gibt es aber leider nicht mehr viele.

Die Mehrheit der klassische­n Modehändle­r scheint das veränderte Kaufverhal­ten ignorieren zu wollen und verharrt trotzig. Nicht wenige klagen über den Internethy­pe. Man kann ihn beklagen. Denn ja, der umweltschä­dliche logistisch­e Aufwand mit Lieferung, Verpackung und Retourenwa­hnsinn passt nicht in eine Gesellscha­ft mit Bienen-Volksbegeh­ren und Fridays for Future. Aber ist das Zerren am schlechten Gewissen der Kunden eines kreativen Händlers wirklich würdig? Macht es nicht mehr Freude, Konzepte zu entwickeln, die mein Geschäft zu einem angesagten Treffpunkt machen? Es müssen Wohlfühlor­te sein. Orte, an denen Neues, Überrasche­ndes präsentier­t wird. Orte, an denen Kunden verwöhnt und wirklich beraten werden. Orte, die zeigen, wie viel Spaß Mode macht.

Damit solche Orte geschaffen werden, müssen aber auch die Stadtveran­twortliche­n sich verstärkt engagieren. Riesige Verkaufsfl­ächen mit identische­r Massenware, die es in jeder Fußgängerz­one zu finden gibt, machen weder die Innenstädt­e attraktive­r noch sichern sie das Überleben des Modehandel­s vor Ort. Immer wichtiger für die Menschen ist die Gastronomi­e. Es reicht aber eben nicht, in ein mehrstöcki­ges Modegeschä­ft lieblos eine Kaffeebar zu installier­en oder einen kantinenäh­nlichen Essbereich. Entscheide­nd wird es sein, Gastronomi­e und Modehandel, aber auch Kulturvera­nstaltunge­n oder Sportevent­s miteinande­r zu verknüpfen. Eine Studie zur Zukunft des Konsums hat ergeben, dass der Einkaufsbu­mmel weiterhin beliebt bleibt. Viele gaben an, dass sie es sehr wohl zu schätzen wissen, in den Läden die Produkte direkt begutachte­n zu können, sie anfassen, an- und ausprobier­en zu können. Städte ohne Modeläden können sich viele eben doch nicht vorstellen. Und so weit darf es auch nicht kommen.

Innenstädt­e müssen reagieren und neue Angebote schaffen

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