Donau Zeitung

Merkel denkt noch nicht ans Aufhören

Ein vorzeitige­r Wechsel im Amt? Für die Kanzlerin kein Thema. Sie verabschie­det sich mit einem Bekenntnis zur Großen Koalition und ihrer Verteidigu­ngsministe­rin in den Urlaub

- VON STEFAN LANGE

Berlin Entschloss­enheit statt Schwäche: Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat einen „arbeitsrei­chen Herbst“in der Koalition angekündig­t und ihren Willen betont, bis 2021 durchzureg­ieren. Sie erklärte bei ihrer traditione­llen Sommerpres­sekonferen­z in Berlin, die Zitteranfä­lle der Vergangenh­eit hätten keine Auswirkung­en auf ihre Regierungs­führung: „Ich kann diese Funktion ausüben.“Kritik an der Berufung ihrer Vertrauten Annegret Kramp-Karrenbaue­r zur neuen Verteidigu­ngsministe­rin wies Merkel zurück – sie wollte die Personalie auch nicht als Vorstufe für ihre eigene Nachfolge verstanden wissen. Die Ernennung einer Kandidatin sei allein Sache von CDU und CSU, betonte Merkel, die gleichzeit­ig bekräftigt­e, sich 2021 aus der Politik zurückzieh­en zu wollen.

Eines der dicksten Koalitions­pakete für den Herbst ist der Klimaschut­z. Am 20. September soll ein ganzes Maßnahmenb­ündel für eine saubere Umwelt verabschie­det werden – und die Bürgerinne­n und Bürger müssen sich darauf einstellen, dass sie für den Ausstoß von Kohlendiox­id künftig bezahlen müssen. Merkel jedenfalls machte sich für eine CO2-Bepreisung stark, betonte gleichzeit­ig aber auch, dass diese „sozial ausgeglich­en“sein soll. Weitere heiße Themen im Herbst laut Merkel: eine Grundrente für Geringverd­iener, das neue Fachkräfte­Einwanderu­ngsgesetz sowie Maßnahmen für mehr Wohnraum.

Mit Blick auf die Wahl von Ursula von der Leyen zur neuen EU-Kommission­spräsident­in und der Ernennung von Kramp-Karrenbaue­r (beide CDU) zu ihrer Nachfolger­in sprach die sichtlich gut aufgelegte Kanzlerin von einer „recht ereignisre­ichen“Woche. Sie nahm KrampKarre­nbauer gegen den Vorwurf des Wortbruchs in Schutz, nachdem diese zunächst erklärt hatte, sie strebe kein Staatsamt an. Manchmal gebe es Entwicklun­gen in der Politik, auf die man reagieren müsse, meinte Merkel. Den Eindruck, AKK sei mit CDU-Vorsitz und Ministerin­nenposten überforder­t, wies Merkel zurück: „Wo immer sie arbeitet, arbeitet sie mit 100 Prozent.“

Merkel ließ keine Spekulatio­nen zu, sie habe mit Kramp-Karrenbaue­rs Ernennung bereits ihre Nachfolge geregelt. „Die Nachfolge, auf die nehme ich keinen Einfluss, sondern das muss dann die Partei entscheide­n“, sagte sie. Kramp-Karrenbaue­r sei als Parteivors­itzende aber natürlich „in einer entscheide­nden Position, das ist doch keine Frage“.

Überrasche­nd deutlich reagierte die Kanzlerin auf die fremdenfei­ndlichen Äußerungen von US-Präsident Donald Trump. Ob sie mit den attackiert­en dunkelhäut­igen Frauen solidarisc­h sei? „Ja. Ich distanzier­e mich davon entschiede­n und fühle mich solidarisc­h mit den drei attackiert­en jungen Frauen“, sagte Merkel. Wenige Tage nach ihrem 65. Geburtstag zog sich die Kanzlerin am Freitag in ihren Urlaub zurück. Wo sie ihn verbringt, verriet sie wie üblich nicht. Am Mittwoch wird sie allerdings zur Vereidigun­g von Kramp-Karrenbaue­r in Berlin sein. Darüber hinaus sei sie „immer im Dienst. Wenn was ist, bin ich erreichbar“, sagte Merkel.

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