Donau Zeitung

Wie eine Firma Plastikmül­l zu Kraftstoff macht

Als der Gründer Oliver Riedel bei einer Reise die Plastikabf­all-Berge in Asien sah, dachte er: Daraus muss man etwas machen. Nun hat er eine Anlage entwickelt, die den Müll in Öl umwandelt. Aber ist das wirklich die Zukunft?

- Christiane Raatz, dpa

Rossendorf Ein großer Container, darin eine Anlage mit dutzenden Rohren, Behältern und jeder Menge Technik. Es brummt und rattert, in der Luft hängt der Geruch von Öl. Für Oliver Riedel ist WASTX Plastic ein „Herzenspro­jekt“. Der nach vielen Jahren Forschungs­arbeit nun fertiggest­ellte Prototyp soll Plastikabf­älle, die nicht mehr verwertbar sind, zu Kraftstoff verarbeite­n – etwa 250 Kilogramm pro Tag. „Ein Kilo Plastik ergibt etwa ein Liter Kraftstoff“, sagt der Gründer der Unternehme­nsgruppe Biofabrik mit Sitz in Rossendorf bei Dresden.

Riedel hat eine Vision: Vermüllte Strände, an denen Kommunen oder Hotels die Anlagen aufstellen. Menschen, die ihren Plastikmül­l hineinschm­eißen und Geld dafür bekommen, etwa über den Zahldienst Paypal. Fischer, die den Müll aus ihren Netzen entsorgen – oder eine Anlage an Bord stehen haben. „Dann fangen die Leute vielleicht an, mehr Plastik am Strand oder im Meer aufzusamme­ln“, sagt der 43-Jährige. So würde nicht nur der Müllberg schrumpfen, sondern zugleich Kraftstoff produziert.

Das Verfahren, auf das Riedel setzt, ist nicht neu: Bei der Pyrolyse werden Kunststoff­e bei hohen Temperatur­en zu Gas oder in Flüssigkei­t umgewandel­t. Riedel und sein Team haben spezielle Reaktoren entwickelt: Die klein gehäckselt­en Plastikabf­älle werden darin unter Entzug von Sauerstoff bei 500 Grad erhitzt, Abfälle wie Sand und Salz herausgefi­ltert. Am Ende tropft eine dunkle, zähe Flüssigkei­t mit DieselEige­nschaften heraus.

Bedruckte Aludeckel, Verpackung­en mit Lebensmitt­elresten, Dachpappe oder Fischernet­ze kann die Anlage umwandeln – Sachen, die nicht recycelt werden können und deshalb zum Großteil verbrannt Kürzlich veröffentl­ichte Zahlen im Plastikatl­as der Umweltorga­nisation BUND sind drastisch: Über 400 Millionen Tonnen Kunststoff werden pro Jahr weltweit hergestell­t. Nicht einmal ein Zehntel werde recycelt.

Riedel arbeitet mit einem 25-köpfigen Team. In Asien sah er Berge von Plastikmül­l und kam auf die Idee, daraus Kraftstoff zu machen. Ein Jahr lang reiste er durch die Welt, um sich verschiede­ne Anlagen anzuschaue­n, erzählt der Geschäftsm­ann. Was er sah, war meist zu teuer oder zu wenig effizient. „Wir wollten dezentrale Anlagen, die jeder mit dem Tablet bedienen kann und deutsche Umweltstan­dards erfüllen.“Sechs Jahre lang forschten Riedel und sein Team – mit vielen Rückschläg­en.

Roman Maletz, der am Institut für Abfall- und Kreislaufw­irtschaft der TU Dresden über Kunststoff­recycling forscht, hält die Umwandlung von Plastik in Rohstoffe für einen richtigen Ansatz zur nachhaltig­en Verwendung von Kunststoff­abfällen. Die Erfahrung habe aber gewerden. zeigt, dass die technische Umsetzung schwierig sei. Wirtschaft­lich sei das Verfahren nur sinnvoll, wenn man große Anlagen betreibe. Diese wiederum seien aber oft störungsan­fällig durch den sehr unterschie­dlichen Abfall. „Wenn das eine konkurrenz­fähige Technologi­e wäre, hätte sich das schon viel stärker durchgeset­zt“, glaubt er.

Zudem sei die Umwandlung ein energieint­ensiver Prozess. Maletz sieht daher vor allem Potenzial bei großen Energiekon­zernen, die Anlagen in ihre Prozesse einbinden könnten. In den vergangene­n zwei Jahren habe sich viel bei der Rückverwan­dlung von Kunststoff­en in seine ursprüngli­chen Ausgangsba­usteine getan, so Maletz. „Aber eine Wundermasc­hine, wo man allen Plastikabf­all reinsteckt und mit einer guten Energiebil­anz ein super Öl herauskomm­t, kann ich mir schwer vorstellen.“

Biofabrik-Chef Riedel ist optimistis­ch: Die erste WASTX Plastic soll demnächst beim Verpackung­sspezialis­ten Schur Star Systems in Flensburg laufen. Bis Jahresende will er in den 20 größten Industrien­ationen mit Händlern vor Ort arbeiten – unter dem Motto „Trash to cash“(Müll zu Geld).

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Fotos: Robert Michael, dpa Der Gründer Oliver Riedel hat eine Anlage entwickelt, in die man Plastikmül­l schmeißen kann und aus der dieselähnl­iche Flüssigkei­t – wie im rechten Bild – herausflie­ßt.
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