Auf dem Gipfel
1953 stand Edmund Hillary als Erster ganz oben auf dem Everest. An diesem Samstag wäre er 100 geworden
Auckland Man wüsste schon gern, was Edmund Hillary dazu sagen würde, wie es heute auf dem Mount Everest zugeht. Vor allem, was er von dem Foto des nepalesischen Bergsteigers Nirmal Purja hielte, das vor ein paar Wochen die Runde machte: mehr als 300 Bergsteiger, die Schlange stehen mussten, bevor sie die letzten Meter bis zum Gipfel des höchsten Bergs der Welt überwinden konnten.
Als Hillary dort oben war, 8848 Meter über dem Meer, war so etwas fern jeder Vorstellung. An jenem 29. Mai 1953, vormittags um 11.30 Uhr, schrieb der Neuseeländer Geschichte – als Erster auf dem Dach der Welt, das vielen bis dahin als unbezwingbar gegolten hatte. Zur Seite hatte er nur den nepalesischen Sherpa Tenzing Norgay.
An diesem Samstag wäre Hillary, der 2008 gestorben ist, 100 Jahre alt geworden. Hillary, 1953 erst 33 und Oberst a. D., von Beruf Bienenzüchter wie der Vater, war ein Bergsteiger mit Gewissen. Dass er gleich nach der Erstbesteigung von der frisch gekrönten Queen Elizabeth II. zum Sir erhoben wurde, sein Begleiter aber nicht, empörte ihn das ganze Leben. Mit den Einnahmen aus Vorträgen, Büchern und Filmen finanzierte er im Himalaja mehr als zwei Dutzend Schulen. Der Erstbesteiger gehörte auch zu den Ersten, die den zunehmenden Kommerz um den Everest kritisierten. Viele der Leute nach ihm seien „keine Bergsteiger von Herzen“. „Sie wollen nur Aufmerksamkeit“, sagte er. „Wir haben alles gegeben, um als Bergsteiger ein Gefühl tiefer Zufriedenheit zu erleben. Nur für uns.“Inzwischen sind ihm und Norgay etwa 5000 Leute gefolgt, viele davon für teures Geld. Mehr als 300 haben mit ihrem Leben für den Traum von der Gipfelbezwingung bezahlt.
Dass Sir Edmund und Tenzing zu Gipfelpionieren wurden, war eine Laune des Zufalls. Die beiden gehörten im Frühjahr 1953 zu einer Expedition der Royal Geographic Society, die ein Dutzend Bergsteiger, 35 Sherpas und 350 Träger umfasste. Als Erste versuchten die Briten Tom Bourdillon und Charles Evans den Aufstieg. Sie mussten knapp hundert Meter unter dem Gipfel aufgeben.
Der Neuseeländer und der Nepalese hatten dann mehr Glück – auch weil sie zwei Sauerstoffflaschen benutzen konnten, die die Briten zurückgelassen hatten.