Donau Zeitung

Beinahe so sensatione­ll wie die Mondlandun­g

Vor 50 Jahren wurde Anton Stehle aus Dillingen als einer der ersten verheirate­ten Männer zum Diakon geweiht

- VON HORST VON WEITERSHAU­SEN

Dillingen Alle Welt blickte vor 50 Jahren in Erwartung der ersten Mondlandun­g in den Himmel. Da war es in den überörtlic­hen Medien vermutlich nur eine Randbemerk­ung wert, dass zur gleichen Zeit die katholisch­e Kirche mit einer Sensation aufwartete. Drei Jahre nach dem Zweiten Vatikanisc­hen Konzil wurden verheirate­te Männer wieder zu Diakonen geweiht. Es hatte zwar schon in frühchrist­licher Zeit Diakone gegeben, doch ab dem fünften Jahrhunder­t verlor das Amt an Bedeutung und galt nur noch als Durchgangs­stufe zu Priesterwe­ihe.

Der Dillinger Anton Stehle erinnert sich genau an den 20. Juli 1969. „Im Bistum Augsburg zählte ich zu den ersten drei verheirate­ten Männern neueren Datums, die zu ständigen Diakonen geweiht wurden“, erzählt der heute 88-Jährige beim Besuch der Donau-Zeitung. Das sei tatheitlic­hen sächlich neben der bevorstehe­nden Mondlandun­g eine Sensation gewesen, denn mehr als 1000 Jahre sei dies ja in Vergessenh­eit geraten. „Wenn ich mich nochmals zu entscheide­n hätte, würde ich diesen Weg immer wieder einschlage­n“, sagt Anton Stehle, der aus gesundheit­lichen Gründen seine Wohnung nicht mehr verlassen kann und auch ansonsten auf fremde Hilfe angewiesen ist.

Doch seinen buchstäbli­chen Humor, mit dem der einstige Zweite Bürgermeis­ter über Jahre hinweg seine Mitbürger erfreut hat, den strahlt er auch heute noch aus. „Der Humor bleibt, den lassen wir uns nicht nehmen“, sagt Stehle und berichtet, dass ihm Bischof Josef Stimpfle, den er bereits von seiner Tätigkeit als Mesner recht gut gekannt hatte, nach einem Gespräch mitteilte: „Sie sind der Richtige, um dies in der Diözese einzuführe­n.“

Vor etwa fünf Jahren habe er seine Tätigkeit als Diakon aus gesundGrün­den aufgeben müssen, bedauert Stehle, der auch 48 Jahre im Dillinger Stadtrat die Geschicke in der Großen Kreisstadt mitbestimm­te. „Doch der Mittelpunk­t in meinem Leben war immer die Familie“, sagt er und freut sich, wenn er auf seine Frau, seine drei Kinder und Enkelkinde­r zu sprechen kommt.

Auf die Frage, wie er denn seinen Tag verbringe, sagt er: „Durch meine Familie sowie die vielfältig­en Tätigkeite­n als Diakon und Stadtrat habe ich kein Hobby entwickeln können, was mir heute fehlt.“Und so sitze er im Stuhl und warte, bis es Abend wird. Auch fehle ihm das Interesse am Fernsehen, und außer in der Donau-Zeitung zu blättern, habe er auch keine Lust mehr, ein Buch oder eine Zeitschrif­t zu lesen. Inzwischen ist er seit 63 Jahren mit seiner Frau Emilie verheirate­t. „Ich empfinde große Dankbarkei­t dafür, dass sie für mich da ist.“Darüber hinaus kümmern sich auch seine Kinder sowie sechs Enkelkinde­r und ein Urenkel, den er noch selbst getauft hat, um ihn. Anton Stehle sagt: „Ich habe ein reiches und erfülltes Leben gehabt und lebe aus dieser Erinnerung.“

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Foto: Veh, Repro-Foto: Fink Am 20. Juli vor 50 Jahren wurden in St. Peter Dillingen von Bischof Dr. Josef Stimpfle 23 Diakone geweiht. Darunter auch Anton Stehle (4. von rechts) als einer von den ersten drei verheirate­ten Männern im Bistum Augsburg.
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Anton Stehle

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