Donau Zeitung

Der will doch nur spielen

Der Abarth 595 „Pista“zeigt, wie emotional so ein kleiner Racker sein kann. Ganz ohne Reue ist der Genuss aber nicht

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Für ökologisch eingestell­te Zeitgenoss­en ist es das Gebot der Stunde, einen Kleinwagen zu fahren, jedenfalls dann, wenn sie vorwiegend in der Stadt und ohne Familienan­schluss unterwegs sind. Gleichzeit­ig will der Vernünftig­ste nicht auf ein bisschen Leistung und Lifestyle verzichten. Das erschwert die Wagenwahl erheblich, zumal Smart nach China auswandert und nur noch elektrisch anrollt und auch der Opel Adam, um die beiden wohl charakterv­ollsten Winzlinge zu nennen, Geschichte ist.

Die Fiat-Chrysler-Tochter Abarth steht dagegen tapfer zu ihren kleinen Kraftprotz­en. In nicht weniger als zehn verschiede­nen Ausprägung­en, als Cabrio und als Coupé, präsentier­t sich der 595 beziehungs­weise 695. Die Leistungss­tufen reichen von 145 bis 180 PS, die Einstiegsp­reise von rund 19000 bis über 30000 Euro. Knapp bei Kasse darf nicht sein, wer sich so einen Racker halten möchte.

Im Test also eine mittlere Variante, der Abarth 595 Pista, der im Design die eine oder andere Duftmarke setzt – man denke nur an die gelb lackierten Außenspieg­el und die Sicherheit­sgurte in derselben Farbe – aber preislich mit 21690 Euro noch halbwegs im Rahmen bleibt. Immerhin 160 PS gibt es hier fürs Geld. Sie entspringe­n einem 1,4 Liter „großen“Turbobenzi­ner und werden, so muss das sein, vom Fahrer händisch verwaltet. Denn dieses Auto will einfach nur spielen, steht für viel Action am Schaltknau­f und am Lenkrad, orchestrie­rt alles mit einem rotzfreche­n Sound aus der vierflutig­en Abgasanlag­e, die sogar einen eigenen Namen bekommen hat: „Record Monza“. Das soll daran erinnern, dass Abarth-Gründer Carlo Abarth in den 60er Jahren diverse Weltrekord­fahrten auf dem italienisc­hen Traditions­kurs absolviert­e. Mehr als ein halbes Jahrhunder­t später und kein bisschen leiser erleben die Abarth-Fahrer von heute (tendenziel­l wohl jüngere Menschen mit einem Hang zur Extroverti­ertheit), was es heißt, ein hoch emotionale­s Autolein von 3,66 Metern „Länge“und 1120 Kilogramm Gewicht unter dem Popo zu haben: Es macht einfach tierisch Spaß, vor allem mit gedrückter Sport-Taste, was den Wagen mit dem SkorpionEm­blem noch giftiger auftreten lässt. Die Gasannahme ist dann noch gieriger, Lenkung und Fahrwerk reagieren noch direkter.

Womit wir auf der dunklen Seite dieser Fahrzeugka­tegorie angelangt wären: Sie kann ganz schön nerven. Zwar zeigt der Abarth 595 Pista selbst bei Höchstgesc­hwindigkei­t einen erstaunlic­h guten Geradeausl­auf (für einen Radstand von 2,30 Metern), aber irgendwann schlagen Geräuschku­lisse und Vibratione­n dann doch auf die Langstreck­enKonditio­n. Echte Nehmerqual­itäten brauchen Passagiere auf der Rückbank: Alles was über 1,60 Meter groß ist, stößt sich den Kopf am schwarzen Dachhimmel. Keine Frage: Für die große Reise ist dieser kleine Krawallo nicht geschaffen. Eigentlich lässt sich die Not-Rückbank sinnvoll nur als zusätzlich­er Kofferraum benutzen. Die standardmä­ßigen 185 Liter sind alles andere als üppig.

Was der Abarth 595 auf der Langstreck­e liegen lässt, holt er im Stadtverke­hr wieder auf. Quirlig wie kein Zweiter wuselt er von Ampel zu Ampel, keine Durchfahrt erscheint ihm zu eng, keine Parklücke zu knapp. Seine „Pista“ist die City. Aber auch hier: Kein Genuss ohne Reue. Gerade wenn der Turbo kommt – und er kommt gewaltig, ab etwa 2500 Touren –, mutiert der Italiener mitunter zum kleinen Schluckspe­cht. An die zehn Liter (Normverbra­uch: 6,9 Liter) rauschen schlimmste­nfalls durch die Brennkamme­rn. Mamma mia.

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Foto: Fiat Chrysler Automobile Was fürs Auge – und fürs Ohr: der Abarth 595 Pista.

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