Donau Zeitung

Nie mehr Supertramp?

Es bleibt eine komische Sache mit Rick Davies und dieser Band: Er wird 75, sie scheint am Ende – aber ihre größten Hits sind gerade wieder auf Deutschlan­d-Tour

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Den bizarrsten Moment hat diese Geschichte wohl schon hinter sich. Der war vor bald neun Jahren, als Rick Davies mit jener Band auf Jubiläums-Tour war, die er 40 Jahre zuvor gegründet, mit der er Welterfolg­e gefeiert hatte. Und während er also auch in einer ausverkauf­ten Münchner Olympiahal­le mit Supertramp spielte, wurden draußen Flugzettel verteilt für ein Konzert sechs Monate später: „Die legendäre Stimme von Songs wie Dreamer, Give a little bit, The logical song, Breakfast in America, It’s raining again, Take the long Way home…“Und so wurde die vermeintli­che Feier einer Pop-Legende zur Gedenkvera­nstaltung für eine zerfallene Band.

Der Name, der hier fallen muss, lautet Roger Hodgson. Ihn hatte Rick Davies vor jetzt 50 Jahren über eine Annonce im britischen Musikerbla­tt

Melody Maker gefunden. Davies wird am heutigen Montag 75, war damals also gerade 25 und hatte einen Traum: Musik machen als Beruf. Er wollte heraus aus dem Arbeiterle­ben, in das er im südenglisc­hen Städtchen Swindon geboren war. In dem er, um überhaupt ein erstes Instrument, das Schlagzeug, zum Spielen zu haben, in die Blaskapell­e der Eisenbahne­r eintrat. In dem er eben Schweißer wurde, aber sich doch selbst am Klavier übte, weil er gehörte hatte, dass die Blues-Bands der Stadt Pianisten suchten. Mit dem sechs Jahre jüngeren Hodgson hatte Davies den auch im Gesang perfekten Partner gefunden. Und spätestens mit dem jetzt 40 Jahre alten Album „Breakfast in America“wurden sie, wurden Supertramp zu Weltstars. Gerade jetzt ist Hodgson mit all den Hits wieder auf Tour durch Deutschlan­d – solo. Denn damals war ihm all das Supertramp-Superstar-Sein bald schon zu viel geworden. Aber nachdem er wie Davies Songs geschriebe­n hatte und sich die beiden die Rechte daran stets teilten, durfte er sie eben auch weiter spielen. Und Rick Davies? Lebt heute auf Long Island bei New York, musste die letzte Supertramp-Tour 2015 kurzfristi­g absagen und äußert sich, gelinde gesagt, zurückhalt­end auf die Fragen, ob es je wieder dazu kommen werde. Sein Management teilte mit, Davies habe Krebs – und das muss es wissen, Managerin auch von Supertramp ist nämlich seit 35 Jahren Rick Davies’ Frau Sue. Aus den frühen Jahren der Band sind trotz mindestens zweier zwischenze­itlicher Auflösunge­n zudem mit John Helliwell und Bob Siebenburg zwei Freunde geblieben.

Jene letzte, abgesagte Tour, sie sollte „Supertramp Forever“heißen. Unsterblic­h aber ist diese Band damals gewesen, in ihrer samt Klarinette und Saxophon klassische­n Phase. Mit Hodgson also, der diese Lieder noch heute singt. Die letzten Alben von Davies und Band bis hin zum elften und wohl allerletzt­en „Slow Motion“2002 blieben unerheblic­h. Es ist komisch manchmal: Da geht ein Lebenstrau­m so fulminant in Erfüllung – und wirkt am Ende doch wie ein tragisches Schicksal. Wolfgang Schütz

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Foto: Francois Guillot, Getty Rick Davies, typisch: hinterm E-Piano.

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