Donau Zeitung

Zu wenig Neubauten in den Städten

In den Metropolen kommt der Wohnungsba­u der Nachfrage nicht hinterher, warnt das Institut der deutschen Wirtschaft. In ländlichen Teilen Bayerns werde dagegen zu viel gebaut

- Wolf von Dewitz, dpa

Köln Wer in deutschen Großstädte­n ein neues Zuhause sucht, hat häufig keine allzu guten Karten. Denn in den sieben Metropolen hierzuland­e werden viel zu wenig Wohnungen gebaut. Das geht aus einer am Montag in Köln publiziert­en Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. „Insgesamt besteht in den Metropolen ein gravierend­er Wohnungsma­ngel“, schreiben die Autoren Ralph Henger und Michael Voigtlände­r.

Am miesesten sah es unter den größten Städten zuletzt in Köln aus, wo der Bedarf an Neubauwohn­ungen seit 2016 nicht mal zur Hälfte gedeckt werden konnte. In Stuttgart wurden 56 Prozent der Wohnungen gebaut, die nötig gewesen wären. Nur etwas besser war die Lage in München mit 67 Prozent, in Berlin und Frankfurt.

Vergleichs­weise gut, aber ebenfalls noch unter Bedarf schnitten Hamburg und Düsseldorf ab. Die Autoren verglichen die Zahl der 2016 bis 2018 fertiggest­ellten Wohnungen mit dem Bedarf, den sie anhand von Faktoren wie Bevölkerun­gsentwickl­ung und Leerstände­n schätzten. Auch in Unistädten wie Münster wird zu wenig gebaut.

Die Knappheit macht sich zum Beispiel in Augsburg in Form rasant steigender Preise bemerkbar. Die Kosten gebrauchte­r Ein- und Zweifamili­enhäuser stiegen dort zwischen 2014 und 2018 von 353000 Euro auf 584 000 Euro, wie der Gutachtera­usschuss der Stadt jüngst berichtet hat.

Gründe für die Misere sind der hohe Zuzug in die Städte, das knappe Personal in Bauämtern, strenge Vorschrift­en und der Fachkräfte­mangel in der Bauwirtsch­aft. „Man kommt mit dem Bauen nicht hinterher“, sagt IW-Studienaut­or Henger. Dies zeigt auch die Statistik zum sogenannte­n Bauüberhan­g – also die Zahl der Wohnungen, die schon genehmigt, aber noch nicht fertiggest­ellt wurden. Deren Zahl wuchs in den sieben Metropolen deutlich. Die Städte müssten sich anstrengen, um die Mietenentw­icklung zu bremsen, mahnen die Autoren.

Ganz anders sieht es auf dem Land aus: Dort wird mancherort­s zu viel neu gebaut, etwa in SachsenAnh­alt, Sachsen, im Saarland, aber auch am Rande Bayerns: „Obwohl es auf dem Land viel Leerstand gibt, entstehen relativ viele Neubauten, die bevorzugt werden, obwohl Umbauten im Altbestand vielerorts sinnvoller sind“, sagte Studienaut­or Henger. Durch Neubaugebi­ete vor den Türen von Kleinstädt­en verlieren Stadt- und Dorfzentre­n an Bedeutung und das Leerstand-Problem verschärfe sich. „Kommunen auf dem Land fernab der Metropolen sollten ein besseres Flächenman­agement betreiben, um attraktiv zu bleiben und Leerstände in der Ortsmitte zu vermeiden.“Der Grundsatz „Umbau vor Neubau“sei hier wichtig. In einem Drittel der deutschen Kreise sollte „die Bautätigke­it im Neubau gebremst werden, um ein Überangebo­t zu vermeiden“, heißt es in der Studie.

In den Jahren 2019 und 2020 werden den Angaben zufolge in ganz Deutschlan­d je 342000 neue Wohnungen benötigt, um den Bedarf zu decken. 2018 wurden nur 287000 Wohnungen fertiggest­ellt. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage bleibt also groß.

Nach Publikatio­n der Studie äußerten Branchenve­rtreter Sorgen. Der Bundesverb­and deutscher Wohnungs- und Immobilien­unternehme­n GdW wies darauf hin, dass bei preiswerte­n Mietwohnun­gen nur die Hälfte des Neubaubeda­rfs bundesweit gedeckt werden konnte, bei Sozialwohn­ungen noch weniger. „Das zeigt, dass der Wohnungsba­u weiterhin nicht ausreichen­d in Schwung kommt“, so der Verband. Er forderte, dass die Länder Mittel für Sozialwohn­ungsbau aufstocken. Zudem sollten Kommunen und Länder sich „der Daueraufga­be stellen, mehr Bauflächen zu schaffen“. Nachverdic­htung und Dachaufsto­ckung sollten angekurbel­t statt gebremst werden.

Der Mieterbund forderte einen Schutz gegen extreme Mieterhöhu­ngen. Davon hält der Eigentümer­verband Haus & Grund wenig. Mit politische­n Instrument­en zur Mietenregu­lierung werde „keine einzige Wohnung geschaffen“, monierte Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschlan­d. „Zwei wesentlich­e Hinderniss­e im Wohnungsba­u sind die hohen Baukosten und fehlendes Bauland.“Der Staat könne viel tun, um Baukosten zu senken. „Die Stadt Hamburg hat vorgemacht, wie sich bürokratis­che Hürden beispielsw­eise im Brandschut­z senken lassen, um damit den Dachgescho­ssausbau voranzutre­iben.“

Dorfzentre­n leiden durch Neubaugebi­ete

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Die Baubranche in Deutschlan­d hat alle Hände voll zu tun. Und doch entstehen in den großen Städten zu wenig Wohnungen, warnt eine Studie.

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