Der unerwünschte Mäzen
Louvre & Co. Immer mehr Museen distanzieren sich von der milliardenschweren Sackler-Familie. Die ist in einen Pharma-Skandal verwickelt
Paris/New York Das Metropolitan Museum in New York, die Tate Modern in London und jetzt auch der Louvre in Paris: Zahlreiche renommierte Museen weltweit haben ihre Zusammenarbeit mit der sehr spendablen, aber wegen ihrer Rolle in der Opioid-Krise in den USA auch sehr umstrittenen Pharmaunternehmer-Familie Sackler aufgekündigt. Der Louvre bestätigte, Tafeln mit dem Namen Sackler seien entfernt worden. Dort, wo das Abmontieren nicht möglich gewesen sei, habe man den Namen Sackler überklebt. Zuvor hatten in den vergangenen Monaten beispielsweise das Metropolitan Museum, das Guggenheim Museum, die EliteUniversität Columbia und das American Museum of Natural History in New York bekannt gegeben, dass sie keine Spenden von den Sacklers mehr annehmen würden.
Die Museen reagieren damit vor allem auf Proteste von Künstlern – an der Spitze die amerikanische Star-Fotografin Nan Goldin. Goldin hat die Gruppe „PAIN“(deutsch für Schmerz) gegründet, die immer wieder mit aufsehenerregenden Aktionen auf ihr Anliegen aufmerksam macht. Sie wollen die Sacklers herausholen aus den Museen und Institutionen. Die Mitglieder der Gruppe ließen beispielsweise Flugblätter in der berühmten Rotunde des Guggenheim Museums herunterregnen, hingen dort Plakate auf, legten sich auf den Boden oder protestierten auf den Stufen des Metropolitan Museums. Vor der LouvrePyramide demonstrierte die Gruppe mit Spruchbändern – „Shame on Sackler“(Schande über die Sacklers) stand darauf.
Die 65-jährige Nan Goldin macht den Konzern der milliardenschweren Sackler-Familie, Purdue Pharma, für ihre einstige Drogensucht verantwortlich. Der Konzern stellt das Schmerzmittel Oxycontin her, das als eine Hauptursache der Opioid-Krise in den USA gilt. Oxycontin, das stark abhängig macht, soll seit Mitte der 90er Jahre den Tod von mehr als 200 000 Menschen verursacht haben. Gegen den Konzern laufen derzeit deswegen mehr als 1600 Klagen. In einem ersten Vergleich akzeptierte das Unternehmen vor Kurzem seine Rolle in der grassierenden Opioid-Krise und stimmte einer Zahlung von 270 Millionen Dollar zu. Purdue und die SacklerFamilie haben Anschuldigungen, die Suchtgefahren von Oxycontin verschleiert und das Schmerzmittel mit rücksichtslosen und dubiosen Vertriebsmethoden in den Markt gedrückt zu haben, stets abgestritten.
Doch der Druck wird immer größer, nicht nur rechtlich – die Sacklers fürchten inzwischen auch um ihren Ruf. Die Mitglieder der Familie meiden Interviews, zuletzt aber äußerte sich David Sackler angesichts des wachsenden Drucks erstmals in der Zeitschrift Vanity Fair. Seine Familie werde „endlos gegeißelt“, sagte er. „Mein vier Jahre altes Kind kam aus der Kita und hat mich gefragt: „Warum sagen meine Freunde, dass die Arbeit unserer Familie Menschen umbringt?“Seine Familie habe nicht gut kommuniziert, sagt Sackler, fügt aber auch hinzu: „Wir haben die Krise nicht ausgelöst.“Er hoffe sehr, dass sich die kulturellen Institutionen die Zusammenarbeit mit den Sacklers noch einmal überlegten.
Der Louvre und die anderen Museen sind in einer schwierigen Lage. Ohne reiche Spender geht nicht viel, vor allem nicht in den USA, wo die öffentlichen Zuwendungen knapp sind. Einige Kultureinrichtungen wie die Smithsonian Institution in den Vereinigten Staaten zögern deswegen immer noch, ob sie den Namen Sackler entfernen und die Beziehung kappen sollen.
Das Zögern mache aber alles nur noch schlimmer, sagte SoziologieProfessor Todd Gitlin von der New Yorker Columbia-Universität vor kurzem. „Die kulturellen Institutionen müssten da viel vorsichtiger sein und klare Grenzen setzen, sonst laufen sie Gefahr, dass ihr Ruf in Geiselhaft genommen wird.“