Donau Zeitung

Was für ein Fiasko

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Sportler sollen Sport machen, sich ansonsten aber raushalten. Diese Haltung, besonders unter Sportlern weit verbreitet, ist genauso praktisch wie dumm. Natürlich dürfen und sollen Sportler sich Gedanken zu Geschehnis­sen außerhalb ihres unmittelba­ren Betätigung­sfeldes machen. Im Idealfall sprechen sie diese dann sogar aus. Die meisten schrecken aber davor zurück, weil sie, oh Schreck, anecken könnten. Huch, da ist ja jemand anderer Meinung als ich. Und der schreibt das dann auch noch auf meine Instagram-Seite. Gar nicht nett. Och ne, keinen Bock drauf…

Zugegeben, es bedarf schon eines stabilen Selbstbewu­sstseins, um sich vor ein Rudel Journalist­en und TV-Kameras zu stellen und eine kontrovers­e Meinung kundzutun. Weil es so selten geschieht, ist es umso auffällige­r, wenn es doch mal passiert. Vor allem, wenn es, wie der Australier Mack Horton bewies, nicht einmal Worte dafür brauchte. Der Mann nutzte die Siegerehru­ng für das 400-m-Freistilre­nnen der Schwimm-WM zum stummen

Protest. Gewonnen hatte mit dem Chinesen Sun Yang nämlich ein vorbestraf­ter Doper, der sich in Kürze erneut vor dem internatio­nalen Sportgeric­htshof Cas verantwort­en muss. Dann geht es um eine Dopingprob­e, die während einer Kontrolle mit einem Hammer zerschlage­n worden sein soll. Chinesisch­er und Weltverban­d hatten das als Lappalie abgetan, die WeltAntido­pingagentu­r sieht das etwas anders und brachte den Fall vor den Cas. Horton, der Silber gewann, weigerte sich, zusammen mit Yang aufs Podest zu steigen. In den sozialen Netzwerken wird der Australier seitdem massiv angefeinde­t.

Bleibt die Frage, warum ein Mann mit dieser Vergangenh­eit und diesem Verdacht überhaupt starten darf. Auch der letzte Sportfunkt­ionär sollte doch verstanden haben, dass es eine Sportart beschädigt, wenn derart lax mit dem Thema Doping umgegangen wird. Den Schwimm-Weltverban­d Fina ficht das nicht an. In Asien ist Yang ein Superstar. Millionen Fans sollten nicht verärgert werden. Horton wurde gestern übrigens von der Fina offiziell verwarnt.

Gut möglich, dass Yang im September seinen Titel schon wieder los ist. Gut aber auch, dass es im deutschen Team eine klare Meinung dazu gibt. „Dass der hier schwimmt, ist eine Frechheit“, sagte der Athletensp­recher Jacob Heidtmann. Er wird sich noch ein paarmal ärgern müssen, denn Yang hat mehrere Rennen vor sich. Was für ein Fiasko.

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Foto: Getty Images Keine Lust: Mack Horton (li.) boykottier­t die Siegerehru­ng mit Sun Yang (Mitte) und Gabriele Detti.
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