Johann Michael Sailer und seine Intriganten
Prälat Bertram Meier, der derzeit die Diözese Augsburg leitet, sprach über die Turbulenzen in der Biografie des ehemaligen Dillinger Professors
Dillingen „Das Geheimnis der Überzeugungskraft liegt nicht nur in der richtigen Lehre, sondern vor allem in der Person, die sie verkündet.“Mit diesem Satz charakterisierte Prälat Bertram Meier die Ursache für die Ausstrahlung, die von Johann Michael Sailer ausging.
Prälat Meier, der zurzeit als Administrator die Diözese Augsburg bis zur Amtseinführung des neuen Bischofs leitet, sprach bei einem gut besuchten Vortragsabend des Historischen Vereins und der Volkshochschule im Dillinger Colleg. Johann Michael Sailer (1751 bis 1832) war Professor an den ehemaligen Universitäten Dilllingen und Ingolstadt. 1822 wurde er Bischof von Regensburg.
Dieter Schinhammer, Vorsitzender des Historischen Vereins, verwies in seiner Begrüßung auf die Verbundenheit Dillingens mit Johann Michael Sailer: Das staatliche Gymnasium trage seinen Namen, eine Bronzefigur in der Kardinalvon-Waldburg-Straße erinnere an sein akademisches Wirken in Dillingen. Aber Prälat Meier verdeutlichte in seinem Vortrag auch die Polemik, mit der sich der als „Bayerischer Kirchenvater“apostrophierte Sailer immer wieder konfrontiert sah. Unter den theologischen Kollegen, die den Positionen Sailers mit Misstrauen und Ablehnung begegneten, habe der später heiliggesprochene Klemens Maria Hofbauer eine besondere Rolle gespielt. Hofbauer sei es in den unruhigen Zeiten nach der Säkularisation um Restauration, Sailer aber um Reform gegangen. Der Konflikt spitzte sich derart zu, dass Sailer die Professuren an den Universitäten Dillingen und Ingolstadt entzogen wurden. Nach Sailers Tod wurde allen Ernstes beantragt, seine schriftlichen Werke auf den Index der verbotenen Bücher zu setzen.
Der Grund für die Auslösung von Intrigen, die im Vorwurf des „Obskurantismus“und in Hofbauers Urteil, Sailer sei „gefährlicher als Luther“gipfelten, sieht Prälat Meier in der Konsequenz, mit der Sailer sich schon früh als Brückenbauer unter den christlichen Konfessionen profilierte, und in der Hartnäckigkeit, mit der er seine Ansichten vertrat. „Ich will“, so betonte Sailer, „in meinem Geleise bleiben und mein Geleise ist Zuschauen, ohne mit niederzureißen.“Diese Haltung habe andererseits dazu geführt, dass Sailers Vorlesungen in überfüllten Hörsälen stattfanden und dass auch seine Predigten Massen anzogen. Als Pastoraltheologe habe Sailer den Priesterberuf „weniger als Religionsdiener… sondern in erster Linie als Seelenhirten und Mitarbeiter Gottes“definiert. Sailer habe sich gegen den Utilitarismus gewendet, der das Denken seiner Zeit zu bestimmen drohte. Damit, so Prälat Meier, repräsentiere Sailer eine Haltung, die auch in unserer Zeit dringend erforderlich sei. Die Begründung des Referenten: „Jede Aufklärung – die erste damals und die zweite heute – denkt einseitig vom Menschen und vom Nutzen her. Darum wird der christliche Glaube leicht auf die Nächstenliebe zusammengestrichen, die Kirche auf eine wohltätige soziale Service-Station reduziert und der Priester weniger als Verwalter von Geheimnissen als vielmehr als Funktionär einer Sache angesehen.“