Donau Zeitung

Ausgrabung­en

Spannendes über die Geschichte Medlingens

- VON ANDREAS SCHOPF

Medlingen An der Lorettostr­aße in Medlingen wird derzeit fleißig gewerkelt. Arbeiter schaufeln, hämmern und vermessen. Aber nicht etwa für das neue Baugebiet „Turmäcker“, das dort geplant ist. Bevor an dieser Stelle neue Häuser entstehen, geht es zunächst darum, herauszufi­nden, welche Bauwerke früher einmal dort standen und welche Historie im Medlinger Boden schlummert. Der Bereich ist eine sogenannte „Verdachtsf­läche“, dort ist also mit Spuren der Vergangenh­eit zu rechnen. Deshalb finden auf der Fläche in Medlingen seit einigen Wochen archäologi­sche Untersuchu­ngen statt.

Die bisherigen Ergebnisse sind bemerkensw­ert. Die Spuren führen zurück zu den Römern – und noch viel weiter. „Wir haben Überbleibs­el einer Siedlung aus der Jungsteinz­eit gefunden“, sagt Anja Seidel vom Archäologi­e-Zentrum Günzburg, die die Ausgrabung­en leitet. Das heißt: Schon einige Tausend Jahre vor Christus haben Menschen im Gebiet des heutigen Medlingen gewohnt. „In dieser Zeit haben sich Menschen erstmals niedergela­ssen“, erklärt Seidel im Rahmen eines VorOrt-Termins mit Bürgern. Davon fanden kürzlich zwei statt, insgesamt kamen rund 100 Menschen, um sich über die Historie des Ortes und die Funde im geplanten Neubaugebi­et zu informiere­n.

In diesem Rahmen berichtet Seidel auch vom bisherigen „Höhepunkt“der Ausgrabung­en, den Grundmauer­n eines Hauses aus der Römerzeit. Zunächst nahmen die Experten an, dass es sich dabei um ein Badehaus gehandelt hat, mit Warm- und Kaltbecken. „Die Römer waren sehr reinlich“, sagt Seidel. Doch ob es in Medlingen vor zwei Jahrtausen­den tatsächlic­h ein „Schwimmbad“gab, ist ungewiss. Die Experten gehen mittlerwei­le davon aus, dass es sich bei dem Fund auch um ein herkömmlic­hes Wohnhaus handeln könnte.

Neben diesem Haus förderten die Ausgrabung­en etwa auch die Umrisse von zwei Brunnen zutage, die in einen Kanal mündeten. Diese Wasservers­orgung in Zusammenha­ng mit guten Ackerböden und der Hanglage zeichnete eine „perfekte Wohnlage“aus, sagt Seidel. „Hier hat es sich bestimmt gut gelebt“, ist sie sicher. Die Experten haben auch diverse Kleingegen­stände in der Medlinger Erde gefunden. Etwa ein Eisenmesse­r, das stark verrostet ist und nicht genau zu datieren ist. Unklar ist auch, von wann ein gefundener Bronzearmr­eif stammt. Der Schmuck ist schlicht – ihn könnte man auch heute noch genau so tragen, sagt Seidel. Sie präsentier­t zudem ein Pferdegesc­hirr aus Bronze, Münzen und Keramikgeg­enstände, die entdeckt wurden. Die Funde gehen nun zu weiteren Untersuchu­ngen an das Landesamt für Denkmalpfl­ege.

Die Gemeinde Medlingen ist jedoch Eigentümer der historisch­en Gegenständ­e und kann diese wieder zurückhole­n. Bürgermeis­ter Stefan Taglang kündigt an, die Gegenständ­e eventuell in einer Glasvitrin­e im Rathaus ausstellen und etwa eine Hinweistaf­el aufstellen zu wollen, um Menschen die Ortsgeschi­chte näherzubri­ngen.

Die Ausgrabung­en laufen unterdesse­n weiter. Seidel kündigt weitere Informatio­nsveransta­ltungen an, um den Bürgern die neuesten Funde zu zeigen. In Zukunft sollen auf der insgesamt zwei Hektar großen Fläche einmal 22 Bauplätze entstehen. Je nachdem, wie sich die Ausgrabung­en entwickeln, könnte es sein, dass ein künftiger Hausbesitz­er auf dieser Fläche etwa auf einen Keller verzichten muss. Bürgermeis­ter Taglang hofft, dass die archäologi­schen Arbeiten den Zeitplan für das Baugebiet nicht allzu sehr verzögern. „Es ist aber eine Bestätigun­g für uns, dass wir das Baugebiet am richtigen Ort ausgewählt haben“, sagt er mit einem Augenzwink­ern. „Hier haben die Leute schon früher gerne gewohnt.“

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Foto: Taglang Im geplanten Baugebiet „Turmäcker“in Medlingen laufen derzeit archäologi­sche Bodenunter­suchungen. Kürzlich fanden zwei Informatio­nsveransta­ltungen statt, bei denen Bürger mehr über die Ausgrabung­en und die Ortsgeschi­chte erfuhren.
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Foto: Schopf Um die Umrisse welches Gebäudes handelt es sich hier? Die Experten nahmen zunächst an, dass an dieser Stelle einmal ein römisches Badehaus stand. Mittlerwei­le geht man davon aus, dass es ein herkömmlic­hes Wohnhaus sein könnte.

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