Plötzlich eine Sechs in Latein
Warum der scheidende Leiter des Lauinger Albertus-Gymnasiums Hans Lautenbacher ein Kindheitserlebnis zu seiner pädagogischen Prämisse machte
Lauingen Es war der wohl berührendste Moment an diesem heißen Vormittag in der Aula des AlbertusGymnasiums. Hans Lautenbacher, scheidender Hausherr des AGL, erinnerte an seine verstorbene Mutter und an den Rat, den sie von seinem Lateinlehrer in Günzburg, 9. Jahrgangsstufe, erhalten hatte: „Ihr Sohn ist am Gymnasium überfordert, schicken sie ihn auf die Realschule.“Kurz zuvor war Lautenschlagers Vater überraschend gestorben. Die Welt geriet aus den Fugen. Statt bisher guten Noten hatte der kleine Hans plötzlich eine sechs in Latein. Die Mutter, nun alleinerziehend mit drei Kindern, die Familie „nicht auf Rosen gebettet“, entschied: Der Bub bleibt auf dem Gymnasium. Der Bub blieb, machte Abitur und schlug wie seine Schwestern die akademische Laufbahn ein. Dieses Erlebnis prägte den Menschen Lautenbacher und es prägte den Pädagogen und Schulleiter.
Jetzt, wo er nach 39 Jahren im Schuldienst in Pension geht, gibt er bei seiner Verabschiedung nicht nur seinen Nachfolgern einen weisen Rat mit auf den Weg: „Leistungsschwäche bei Schülern hat oft nichts mit Überforderung oder Faulheit zu tun. Man muss schon hinter die Kulissen schauen.“Mit diesem Hinweis ermöglichte er in seinen Abschiedsworten, die am Schluss der Veranstaltung stehen, den Blick hinter die Kulissen des Pädagogen und Schulleiters mit einem reichen Erfahrungsschatz von fast 40 Dienstjahren. Der heiße Vormittag in der Aula des Albertus war auch reich an Zitaten, Geschenken, guten Wünschen und insbesondere voller musikalischer Leckerbissen. Unterstufenchor, Sinfonisches Blasorchester, Mittelstufenchor, Großer Chor und Großes Orchester füllten die Aula personell, vokal und instrumental. Sie dankten ihrem obersten Chef mit fulminanten und heftig applaudierten Darbietungen von „You raise me up“über „When I’m 64“und „Ever in my heart“bis zu „Phantom of the Opera“.
Dank kam auch von Landrat Leo Schrell und Bürgermeisterin Katja Müller, von Elternbeirat (Vorsitzende Monika Kogge), Förderverein (Vorsitzender Hartmut Beckert), Schülersprechern (Catalin Aengeneyndt, Magdalena Hauf, Franziska Schuster, Jona Regending), Personalrat (Vorsitzende Angelika Großhans) und dem Ministerium.
Peter Kempf, Ministerialbeauftragter für die Gymnasien in Schwaben, überreichte im Namen von Bildungsminister Michael Piazolo die
Ruhestandsurkunde und erinnerte an den Berufsweg von Lautenbacher. Über Stationen in Neusäß, Neu-Ulm, Krumbach und Günzburg war Hans Lautenbacher schließlich 2007 als Schulleiter ans Albertus-Gymnasium nach Lauingen gekommen. In der Zeit davor hatte es dort häufigen Chefwechsel gegeben. Damals hofften viele Schüler, Eltern, Lehrer, dass endlich mal ein Schulleiter kommen möge, der länger als drei oder vier Jahre bleibe. Bei Hans Lautenbacher sind es ein Dutzend Jahre geworden.
„Leistungsschwäche bei Schülern hat oft nichts mit Überforderung und Faulheit zu tun.“
Hans Lautenbacher