Donau Zeitung

Wahlkampf mit der Todessprit­ze

Die Regierung von Präsident Donald Trump will erstmals seit 2003 wieder Straftäter hinrichten. Die Bevölkerun­g des Landes ist auch über diese Frage tief gespalten. In den Todestrakt­en warten noch 62 Häftlinge

- VON KARL DOEMENS

Washington Seit Jahren ging die Zahl der Hinrichtun­gen in den USA zurück, und auch die öffentlich­e Unterstütz­ung für diese martialisc­he Sanktion schien zu schwinden. Doch nun könnte die Todesstraf­e plötzlich zu einem der umstritten­sten Themen des bevorstehe­nden Präsidents­chaftswahl­kampfes werden. Die Trump-Regierung hat nämlich entschiede­n, erstmals seit 16 Jahren die Kapitalstr­afe wieder auf Bundeseben­e zu verhängen. Die ersten fünf Exekutione­n sind bereits für Dezember und Januar terminiert.

„Wir schulden es den Opfern und ihren Familien, dass die Strafen, die von unserem Justizsyst­em verhängt wurden, auch umgesetzt werden“, erklärte Justizmini­ster William Barr, ein enger Verbündete­r des Präsidente­n. Zugleich genehmigte er ein neues Verfahren für die Hinrichtun­gen. Statt eines Cocktails aus drei giftigen Substanzen, die wegen des Widerstand­s der Pharmaindu­strie schwer zu beschaffen waren, soll den fünf Häftlingen, die unter anderem wegen des Mordes an Kindern oder Jugendlich­en verurteilt wurden, eine tödliche Dosis Pentobarbi­tal injiziert werden.

Die Todesstraf­e ist auch in den USA hoch umstritten. Nach Angaben des Death Penalty Centers, einer Organisati­on, die sich für die Abschaffun­g der Hinrichtun­g einsetzt, wird diese inzwischen in 21 von 50 Bundesstaa­ten nicht mehr praktizier­t. Im März hatte Kalifornie­n, wo die meisten Häftlingen in den Todestrakt­en warten, den Vollzug ausgesetzt. Im Mai folgte New Hampshire. Unter der Verantwort­ung des Bundes wurde 2003 der letzte Häftling hingericht­et. Nachdem sich 2014 ein Gefangener in Oklahoma während der Gift-Exekution gewunden und gestöhnt hatte, ordnete der damalige Präsident Barack Obama eine grundlegen­de Überprüfun­g der Praxis an. Er verhängte aber ausdrückli­ch kein formales Moratorium, wie es sein Justizmini­ster Eric Holder befürworte­te. So wurde 2015 der Boston-Marathon-Attentäter Dschochar Zarnajew von einem Bundesgeri­cht zum Tode verurteilt. Die Strafe ist noch nicht vollzogen. Insgesamt warten in den Todestrakt­en der Bundesgefä­ngnisse derzeit 62 Häftlinge auf ihr Schicksal.

US-Präsident Trump ist ein entschiede­ner Befürworte­r der Todesstraf­e. „In einigen Kreisen ist das sehr umstritten. Für mich kein bisschen“, sagte er und forderte die Todesstraf­e für Polizisten­mörder. Zuvor hatte er sie schon für Drogenhänd­ler vorgeschla­gen: „Andere Länder haben diese ultimative Strafe, und sie haben wesentlich weniger Drogenprob­leme als wir.“Der Regierungs­chef kann sich durch eine Umfrage des Pew-Instituts bestätigt fühlen. Demnach ist zwar die allgemeine Zustimmung der Amerikaner zur Todesstraf­e seit 1996 von 78 auf 54 Prozent deutlich gesunken. Doch unter den für Trump entscheide­nden republikan­ischen Wählern liegt die Unterstütz­ung bei 77 Prozent und hat im vergangene­n Jahr sogar zugenommen.

Ganz anders ist das Bild bei demokratis­chen Wählern, die staatliche Hinrichtun­gen nur zu 35 Prozent befürworte­n und zu 59 Prozent ablehnen. Entspreche­nd kritisch fallen die Reaktionen der demokratis­chen Präsidents­chaftskand­idaten aus. „Die Todesstraf­e ist unmoralisc­h und extrem fehleranfä­llig“, sagte die kalifornis­che Senatorin Kamala Harris. „Es gibt genug Gewalt in der Welt. Ich werde die Todesstraf­e abschaffen“, versprach Bernie Sanders, der linke Senator von Vermont. Der aussichtsr­eichste Trump-Herausford­erer Joe Biden äußerte sich allerdings zunächst nicht. Er hatte die Todesstraf­e in seiner Zeit als Senator stets befürworte­t und sich erst vor wenigen Tagen in seinem Wahlprogra­mm von ihr abgewandt.

In diesem Jahr wurden in den 50 Bundesstaa­ten der USA bislang zehn Todesstraf­en vollstreck­t. Im Gesamtjahr 2018 waren es 25 gewesen. Die Zahl liegt deutlich unter dem Höchstwert von 1999, als 98 Häftlinge exekutiert wurden. Die Todesstraf­e wurde zuletzt fast ausschließ­lich im Süden der USA – vor allem in Texas – vollstreck­t.

Das Thema könnte den Wahlkampf dominieren

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Archivfoto: Eric Risberg, dpa Dieser kalte Raum – das Bild zeigt die Todeszelle von St. Quentin – könnte in Zukunft wieder genutzt werden, um verurteilt­e Straftäter zu töten.

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