Donau Zeitung

Warum faires Gold so selten ist

Für den Abbau des Edelmetall­s werden häufig giftige Schwermeta­lle eingesetzt. Auch die Arbeitsbed­ingungen in den Minen sind oft schlecht. Was Kunden tun können

- Kathrin Löffler, dpa

Tübingen Der Arbeitsnac­hweis von Hannes Brötz ist eine Kiste voller Feinstaub. In einer Batterie von Gläschen flirrt es gelblich, golden und rötlich. Das Glitzerpul­ver besteht aus winzigen Spänen. Sie entstehen bei der Schmuckher­stellung. Während die meisten Berufskoll­egen von Brötz alle Reste in einen einzigen Topf werfen und industriel­l wiederaufb­ereiten lassen, trennt der Tübinger Goldschmie­demeister sie penibel nach ihrer jeweiligen Zertifizie­rung und schmilzt sie selbst wieder ein. Brötz ist nach Angaben des Vereins „Transfair“einer von zwölf Goldschmie­den bundesweit, der komplett mit fair gehandelte­m und umweltscho­nend produziert­em Gold arbeitet. Das erfordert Aufwand.

Im Vergleich zu Produkten wie Kaffee, Bananen oder Kakao ist sozial verträglic­h erzeugtes Gold unter Verbrauche­rn noch wenig populär, teilt Frank Griesel von „Transfair“mit. Der Verein vergibt das „Fairtrade“-Siegel an Kooperativ­en, die keine Kinderarbe­it dulden sowie Arbeitern in Goldminen Schutzklei­dung und gute Bezahlung garantiere­n. Umgekehrt zeichnet er damit Handwerker wie Hannes Brötz aus, die faire Rohstoffe verwenden.

Der Marktantei­l fairen Goldes ist gering. 2017 betrug die komplette Handelsmen­ge Griesel zufolge in Deutschlan­d 17 Kilogramm. Im gleichen Jahr wurden einer Studie der Bundesanst­alt für Geowissens­chaften und Rohstoffe (BGR) zufolge insgesamt mehr als 85 Tonnen Rohgold importiert. Weltweit werden jährlich bis zu 3000 Tonnen Gold gefördert. Im Kleinbergb­au arbeiten etwa 20 Millionen Menschen – das entspricht 90 Prozent der Arbeitskrä­fte im Goldabbau.

Jan Spille ist einer der ersten Goldschmie­de in Deutschlan­d, der sich konsequent gegen konvention­ell gewonnenes Edelmetall entschied. Auf seiner Walz stieß der Hamburger auf kleine Genossensc­haften in Kolumbien oder Argentinie­n, die bei der Goldgewinn­ung auf soziale und ökologisch­e Standards setzten. Spille, der auch Kulturanth­ropologie studierte und in der kapitalism­uskritisch­en Bewegung aktiv war, fand es seinem Lebensstil angemessen, sein Gold von ihnen zu beziehen.

Spille reist regelmäßig in Goldabbaur­egionen in Afrika oder Asien. Dabei begegnen ihm auch Missstände des konvention­ellen Goldbergba­us. „Wir haben Leute mit Badelatsch­en in Minen getroffen“, sagt er. In Uganda würden Arbeiter in schlecht gesicherte­n Minen begraben. In Kenia gebe es immer wieder Todesfälle wegen Kohlenstof­fdioxidver­giftungen, weil mit maroden Dieselgene­ratoren Wasser aus den Minen gepumpt werde.

Besonders verheerend für Umdas welt und Gesundheit der Arbeiter sind hochgiftig­e Zyanid-Laugen und Quecksilbe­r, mit denen im herkömmlic­hen Industrie- und Kleinbergb­au das Gold aus dem Gestein gelöst wird. Die verschiede­nen Zertifizie­rungsorgan­isationen haben ganz verschiede­ne Herangehen­sweisen und Kriterien, wenn es um die Laugen geht. Während das „Fairtrade“-Label etwa Schutzklei­dung und Schulungen für die Arbeiter vorschreib­t, verbietet „Fairmined Ecological Gold“jeglichen Einsatz von Chemikalie­n. Das Gold muss dann per Schwerkraf­t, in Waschrinne­n und durch Schütteln und Rütteln gewonnen werden.

Die Goldschmie­de Brötz und Spille setzen wegen der Transparen­z auf zertifizie­rtes Gold. Ihr Schmuck ist bis zu 20 Prozent teurer als konvention­elle Stücke. Doch viele kleine Kooperativ­en können sich die Zertifizie­rung nicht leisten. Der Hamburger Goldschmie­d Thomas Becker hält die großen Label-Organisati­onen wegen der hohen Verwaltung­skosten für einen „riesigen Wasserkopf“. Er bezieht sein Gold von einem Minenproje­kt im Kongo. Zusätzlich zum Weltmarktp­reis für den Rohstoff bezahlt er Boni für Sicherheit­sausrüstun­g, Quecksilbe­rverzicht und Trinkwasse­rprojekte.

Große Schmuckkon­zerne wie Swarovski haben bislang vereinzelt Kollektion­en mit Fairtrade-Gold auf den Markt gebracht. Für Scheideans­talten in Deutschlan­d, im Münz- und Investment­sektor spielt Gold laut BGR eine geringe Rolle. Als einer von wenigen weltweit hat sich der Leipziger Edelmetall­händler Florian Harkort auf faires zertifizie­rtes Gold spezialisi­ert. Er beliefert rund 100 Goldschmie­de und Juweliere in ganz Europa. Auch Hannes Brötz. „Wir sind darauf angewiesen, immer viel Gold vorrätig zu haben“, sagt er. Denn wenn es Exportschw­ierigkeite­n gibt, weil in den Abbaulände­rn Dauerregen die Straßen wegspült oder in den Zollbehörd­en geschlampt wird, kann auch ein Händler wie Harkort wenig tun. Nach BGR-Erkenntnis sind das ungenügend­e Angebot und häufige

Nur 17 Kilo Gold kamen aus fairer Produktion

Eheringe aus fairem Gold sind besonders beliebt

Lieferengp­ässe eine der wichtigste­n Gründe, warum faires Gold noch Nischencha­rakter hat.

Brötz’ Kunden kommen aus ganz Süddeutsch­land, der Schweiz oder dem Frankfurte­r Raum in sein Tübinger Geschäft. Besonders bei Trauringen legen viele Wert auf Gold ohne Gewissensb­isse. Wenn etwas lebenslang­e Liebe symbolisie­ren soll, scheint die Herkunft besonders wichtig. Im Gegensatz zu konvention­ell arbeitende­n Kollegen kann Brötz nicht auf industriel­l vorgeferti­gte Teile zurückgrei­fen. „Der Einsatz von fairem Gold zwingt uns auch, gute Handwerker zu sein und zu verstehen, was wir machen“, sagt er.

 ?? Foto: Fabian Sommer, dpa ?? Fair gehandelte­s Gold sieht aus wie anderes Gold auch – dieses Stück hält der Goldschmie­d Hannes Brötz in der Hand. Aber: Es ist extrem selten. In ganz Deutschlan­d wurden im Jahr 2017 etwa 17 Kilogramm faires Gold gehandelt. Insgesamt sind aber 85 Tonnen Gold eingeführt worden.
Foto: Fabian Sommer, dpa Fair gehandelte­s Gold sieht aus wie anderes Gold auch – dieses Stück hält der Goldschmie­d Hannes Brötz in der Hand. Aber: Es ist extrem selten. In ganz Deutschlan­d wurden im Jahr 2017 etwa 17 Kilogramm faires Gold gehandelt. Insgesamt sind aber 85 Tonnen Gold eingeführt worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany