Eklat auf dem IHK-Sommerfest
Auf einer Podiumsdiskussion greift Autor Kai Strittmatter die Regierung in Peking an. Der Botschafter geht früher als erwartet
Augsburg Außer Kontrolle geraten ist aus Sicht der Industrie- und Handelskammer Schwaben eine Podiumsdiskussion auf deren Sommerfest am Donnerstagabend. Eingeladen war der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken. Er hielt einen Vortrag in Deutsch, der sich um freien Handel und die Digitalisierung drehte. Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt, die aber nicht wie erwartet lief.
An der Diskussion nahm auch der deutsche Journalist, Buchautor und China-Kritiker Kai Strittmatter teil. Strittmatter übte starke Kritik am politischen Kurs Chinas. Dabei saß er anfangs nur mit der Moderatorin auf dem Podium, erst später kamen andere Teilnehmer hinzu. Er argumentierte, dass die Meinungsfreiheit in China stark eingeschränkt sei. Bürger würden abgehört werden. Die Regierung gebrauche die Digitalisierung für ihre Zwecke. Das Land erlebe praktisch einen Rückfall in die Zeit von Mao Tsetung, nur mit digitalen Mitteln. Europa müsse sich der politischen Umstände in China stärker bewusst werden. Strittmatter ist bekannt für seinen kritischen Blick auf die chinesische Regierung.
Der chinesische Botschafter verließ noch während der Podiumsdiskussion das Fest – zusammen mit seiner Delegation. Angekündigt hatte er, um acht Uhr abends gehen zu müssen, brach dann aber bereits um halb acht auf. Einige Beobachter des Abends sprachen von einem Eklat.
Nach der Podiumsdiskussion zeigte sich die Spitze der IHK enttäuscht über den Ablauf. Vereinbart mit den Teilnehmern sei gewesen, dass die Wirtschaft und die Dynamik Chinas im Mittelpunkt stehen sollten, berichtete IHK-Präsident Andreas Kopton unserer Redaktion. „Wir sind politisch neutral und haben den Auftrag, Unternehmen den Weg nach China zu bahnen und diesen zu festigen.“Mit den Teilnehmern sei vereinbart gewesen, dass diese sich auf wirtschaftliche Dinge konzentrierten. Politische Äußerungen seien „gegen die Abmachung“gewesen. „Wir sind verstimmt“, meinte Kopton.
Unglücklich mit dem Ablauf ist auch der stellvertretende IHK– Hauptgeschäftsführer Markus Anselment: Die Industrie- und Handelskammer sei nicht die richtige Plattform für politische Diskussionen. „Hier sind Abmachungen von Profis nicht eingehalten worden“, bedauert Anselment.
Chinas Botschafter hatte vor dem IHK-Sommerfest den Augsburger Robotik-Spezialisten Kuka besucht. Dem Sender a.tv sagte Wu Ken, er gehe davon aus, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und China in Zukunft vertieft werden können. Gerade in der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz gebe es Potenzial für eine Zusammenarbeit. Die Bevölkerung lud er ein, sich in China ein eigenes Bild des Landes zu machen, statt sich auf Medienberichte zu verlassen. „Gehen Sie nach China!“, sagte er.