Streit um Lüpertz-Kirchenfenster kommt vor Gericht
Der Künstler liefert den Entwurf, Altkanzler Schröder will bezahlen, doch ein Architekten-Erbe legt sich quer
Hannover Der Streit um das geplante „Reformationsfenster“des Künstlers Markus Lüpertz für die Marktkirche in Hannover geht vor Gericht. Der Erbe des Architekten Dieter Oesterlen (1911–1994) hat Klage beim Landgericht Hannover gegen den Einbau des 13 Meter hohen Buntglasfensters eingelegt, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Der Erbe mache als Inhaber der Urheberrechte geltend, dass das Fenster nicht in den Innenraum der gotischen Kirche passe, die von Oesterlen nach dem Krieg wiederaufgebaut und neu gestaltet worden war.
Marktkirchen-Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann sagte auf Anfrage, der Kirchenvorstand wolle auf jeden Fall am geplanten Einbau des Fensters festhalten. Das Glaskunstwerk von Markus Lüpertz zeigt eine große weiße Figur, die Martin Luther darstellen soll, sowie Motive mit Bezug zur Reformation. Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), ein Freund von Lüpertz, will es der Kirche als Ehrenbürger von Hannover schenken.
Pastorin Kreisel-Liebermann sagte, die Marktkirche müsse nun innerhalb von zwei Wochen erklären, ob sie sich gegen die Klage verteidigen wolle. Bis zum 3. September sei dann Zeit für eine schriftliche Erwiderung. „Wir halten es für richtig, dass wir das Reformationsfenster in unserer wiederaufgebauten Kirche nach so vielen Jahren bekommen können“, betonte sie. Eine Kirche sei kein Museum. Ähnlich argumentierte kürzlich auch der Göttinger Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann, der den Einbau des „Reformationsfensters“ebenfalls befürwortet. Der Kirchenvorstand der Marktkirche hat bereits eine Berliner Kanzlei, die auf Urheberrechte spezialisiert ist, mit der Verteidigung beauftragt.
Der Entwurf des 78-jährigen Lüpertz sorgt vor allem wegen fünf großer schwarzer Fliegen auf dem Bild für kontroverse Diskussionen. Sie stehen für das Böse und die Vergänglichkeit. Die Urheberrechte an der Neugestaltung der Marktkirche werden von dem in Tokio lebenden Rechtsanwalt Georg Bissen verwaltet, einem Stiefsohn von Dieter Oesterlen. Altkanzler Schröder, 75, hatte vor zwei Jahren die Idee, der Marktkirche ein Reformationsfenster zu stiften. Anlass waren die Feiern zum 500. Reformationsjubiläum. Zur Finanzierung will Schröder Vortragshonorare von Verbänden und Unternehmen in Deutschland weitergeben. Die Kosten für Material, Herstellung und Einbau werden auf rund 150000 Euro geschätzt. Die im 14. Jahrhundert aus Backstein errichtete Marktkirche ist die größte und zentralste Kirche in Hannover. Sie gilt als ein Wahrzeichen der Stadt.