Unwetter stürzt die Tour ins Chaos
Nach Regen- und Hagelschauern wird die 19. Etappe abgebrochen. Danach steht fest, dass noch nichts feststeht. Die Entscheidung über den Gesamtsieg fällt heute am letzten Berg
Tignes Als auch noch eine Schlammlawine den Col de l’Iseran hinunterrollte, war das Chaos bei der Tour de France perfekt. Nach Schnee, Regen- und Hagelschauern standen Emanuel Buchmann und Co. in Regenjacken am Straßenrand. Zuvor waren sie auf der rasenden Abfahrt gestoppt worden. Tourchef Christian Prudhomme hob verzweifelt die Arme, während ein Räumfahrzeug mit den Schlamm- und Wassermassen kämpfte. Das Alpen-Spektakel endete mit dem Abbruch der 19. Etappe. Einen Etappensieger werde es nicht geben, teilten die Veranstalter mit.
Trotzdem ging es auch sportlich drunter und drüber – mit entscheidenden Änderungen im Gesamtklassement. Denn die Jury entschied, die Zeitabstände auf dem Iseran zu nehmen. Dabei darf Buchmann nun sogar vom Podium auf den Champs-Élysées träumen. Vor dem Showdown am Samstag hat er sich auf den fünften Platz katapultiert – nur noch 1:42 Minuten hinter dem neuen Träger des Gelben Trikots. Dieser ist der Kolumbianer Egan Bernal.
Für die Grande Nation wurde es ein ganz bitterer Tag: Erst musste Mitfavorit Thibaut Pinot das Rennen wegen einer Verletzung aufgeben, ehe am vorletzten Anstieg dessen Landsmann und Gelb-Träger Julian Alaphilippe einen kleinen Einbruch erlitt und nun in der Gesamtwertung 45 Sekunden hinter Bernal liegt.
„Es ist die absolut richtige Entscheidung. Die Jury hat eine ganz gute Lösung gefunden, indem sie die Zeit auf dem Iseran genommen hat“, sagte Buchmanns Teamchef Ralph Denk. Letztmals war am 8. Juli 1996 eine Tour-Etappe verkürzt worden, als Schneefall am Galibier ein Überqueren unmöglich machte. Doch dies war kein Vergleich zur wetterbedingten ChaosEtappe am Freitag.
Dabei hatte die Etappe sportlich ebenfalls viel zu bieten, vor allem aus deutscher Sicht. „Emanuel hat wieder eine tolle Leistung gezeigt“, sagte Denk. Zwei Tage vor dem großen Finale auf den Champs-ÉlyFrankreichs sées scheint für den 26-jährigen Buchmann vieles möglich. Der große Favorit auf den Triumph in Paris ist aber nun Bernal. Mit im Rennen sind auch noch der britische Titelverteidiger Geraint Thomas und der viertplatzierte Niederländer Steven Kruijswijk.
Jetzt schaut alles auf den Schlussakt am heutigen Samstag, wenn die letzte Bergankunft in Val Thorens ansteht. „Der Berg ist extrem schwer. Das sind 1900 Höhenmeter. Da wird jeder fahren, was geht. Ich denke, das ist der Showdown“, kündigte Buchmann an. Und: „Weit ist das Podium nicht mehr weg. Morgen noch mal alles geben und dann schauen, was am Ende rauskommt. Ich fühle mich für die dritte Woche noch echt gut, so habe ich mich bei einer dritten Woche noch nie gefühlt.“
Gesamtwertung 1. Bernal (Kolumbien) – Team Ineos 78:00:42 Std.; 2. Alaphilippe (Frankreich) – Deceuninck-Quick-Step + 48 Sek.; 3. Thomas (Großbritannien) – Team Ineos + 1:16 Min.; 4. Kruijswijk (Niederlande) – Team Jumbo + 1:28; 5. Buchmann (Ravensburg) – Bora-hansgrohe + 1:55; 6. Landa Meana (Spanien) – Movistar Team + 4:35