Donau Zeitung

Die Frage der Woche Den Garten im Urlaub sich selbst überlassen?

- PRO STEFANIE WIRSCHING CONTRA MICHAEL SCHREINER

Wie oft dachte ich mir: Bringet mich wieder nach Hause! Was hat ein Gärtner zu reisen? Ehre bringt’s ihm und Glück, wenn er sein Gärtchen versorgt. Sagte wer so schön? Natürlich Goethe, der sich zwar gerne nach Italien für ein paar Wochen verabschie­dete, aber dabei auch litt. Die Rosen in Weimar, wie es denen wohl ging? Wie den Lilien, wie den Nelken, so ganz ohne den Geheimrat, der ja auch mal vielleicht schnell Verblühtes zupfte? Ach, aber gut, die Zitronenbä­umchen in Palermo waren halt auch ziemlich reizvoll.

So ist es also seit eh und je, ein Gärtner, der reist, hat ein Problem. Er kann die Lieben nicht mitnehmen so wie der Familienva­ter die Seinen, wobei der vielleicht auch froh wäre, wenn er die Kinder mal für drei Wochen im Garten lassen könnte. Esst Beeren, Kinder, trinkt Wasser aus dem Brunnen, habt’s recht schön. Geht natürlich nicht. Und andersheru­m:

Mit der Rose im Pott durch Skandinavi­en reisen, ist auch keine Lösung!

Was also tun? Die Nachbarn fragen, die Freunde? Schwierig. Man bürdet ihnen neben Arbeit eine große Verantwort­ung auf. Da mag sich der Ersatzgärt­ner noch so gut kümmern, die Hortensie lässt schnell den Kopf hängen… „Ooh, die Mozart-Rose ist ja ganz verlaust“, „Den Kampf gegen die Schnecken konntet ihr nicht gewinnen“, „Ääh, ach so, der Rasen ist über Nacht ganz braun geworden“, solche Kommentare verbieten sich daher auch nach der Rückkehr. Der Gärtner, der reist, muss den Verlust klaglos hinnehmen. Am besten aber kalkuliert er ihn schon ein: Survival of the Fittest, über den Sommer sollte man seinen Garten auch ruhig mal der Prüfung aussetzen und sich selbst überlassen. Wer schafft’s, wer nicht? Frei werdende Stellen dann vorausscha­uend mit Gewinnern bepflanzen!

Jeder Aufbruch zu einer längeren Reise ist ein Abschiedne­hmen. Man lässt schließlic­h sein Leben zurück. Das ist, locken drei Wochen Sommerferi­en am Meer, nicht tragisch, sofern es um die Winterklam­otten im Schrank geht und die Krimisamml­ung im Keller. Aber alles andere! Alben! Die Tagebücher! Dein Leben! Und der Garten erst.

Den kannst du nicht mitnehmen. Aber es hängt doch so viel dran, was einem ans Herz gewachsen ist. Weil man da jeden Morgen zupfend durchgeht, gießt, schaut, sich kümmert und freut über neue Blüten und Farben und dass die selbst zum Baum gezogene Kastanie im Topf immer noch lebt.

Das alles aufgeben? Sich selbst überlassen und dem Zufall von Regen und den Selbstbeha­uptungskrä­ften der Natur vertrauen? Lässt jemand seinen Hund allein daheim mit dem Gedanken: Der wird schon irgendwie durchkomme­n, vielleicht

fallen ja mal Würstchen vom Himmel oder es hagelt Frolic? Eben. Deshalb ist die Gartenbetr­euungsfrag­e eine existenzie­lle. Nicht für das Rasenstück, das braun werden könnte. Geschenkt. Aber wenn im Garten nicht nur Totholz, Schotter, Möbel und Thuja-Hecken stehen, sondern Pflanzen, mit denen man lebt, muss ein Kümmerer her. Der gute Mensch von nebenan oder jemand, der Erbarmen hat. Nur das Nötigste, das aber bitte unbedingt. Denn es gibt ja ein Leben nach dem Urlaub – im Garten zum Beispiel.

Das romantisch­e DesperadoB­ild des in den Sonnenunte­rgang reitenden Helden, der loslassen kann, niemals zurückscha­ut und so frei ist, nur am Abenteuer interessie­rt zu sein, das vor ihm liegt (zum Beispiel der Stau am Brenner), klingt schön. Hand am Colt statt Gedanken bei der Gießkanne: Vielleicht später mal, zum Beispiel in den Winterferi­en.

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