Ein kleiner Telefon-Knigge
E-Mails zu schreiben statt anzurufen, ist gängig. Vieles ist mündlich aber leichter zu klären. So treten Sie sicher auf
Essen/Bielefeld Für die wenigsten Tätigkeiten müssen wir heute noch zum Telefonhörer greifen. Da fällt es mitunter auch im Job schwer – sei es aus Scheu, Unsicherheit oder Bequemlichkeit. Und eine E-Mail ist doch viel verständlicher, oder?
Nicht unbedingt. „Vertrauliche Dinge oder komplexe Sachverhalte sind oft schneller und unkomplizierter am Telefon zu klären als per Mail“, sagt Linda Kaiser. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Knigge-Gesellschaft.
Unvorbereitet sollte im Berufsleben aber niemand zum Telefon greifen. „Wichtig ist, dass der Anrufer sich im Vorfeld eine klare Struktur für das Telefonat und auch Argumente zurechtlegt“, erklärt Ute Gietzen-Wieland, Business- und Mental-Coach.
Fürs Telefonieren gibt es Faustregeln. „Zu lange klingeln lassen geht gar nicht“, betont Kaiser. Wenn das Gegenüber nach viermal Klingeln nicht abhebt, bitte auflegen. Ein weiteres No-Go: Das Telefon klingelt, der Anrufbeantworter springt an. Manche legen einfach auf. „Das hat wenig Stil“, sagt Gietzen-Wieland. Besser ist es, eine Nachricht mit seinem Namen, dem Grund des Anrufs und eine Rückzu hinterlassen. Wer will, kann eine Mail hinterherschicken, nochmals kurz das Anliegen umreißen und fragen, wann es mit dem Telefonat passt.
Meldet sich der Gesprächspartner, sagt der Anrufer den Namen seiner Firma, seinen eigenen Vorund Zunamen und schickt einen Gruß hinterher: „Guten Morgen, Frau X!“oder „Guten Tag, Herr Y!“Und auch, wenn es nur ein Telefonat und der andere nicht zu sehen ist: „Lächeln ist wichtig“, sagt Salka Schwarz, Business-Coach aus Berlin. Das wirkt sich positiv auf das Gespräch aus.
Und noch etwas sollte man während eines Telefonats unbedingt unterlassen: im Internet surfen oder Dokumente unterschreiben. „Das ist respektlos gegenüber dem Gerufnummer sprächspartner, denn man kann nicht in der Sache konzentriert telefonieren und gleichzeitig andere Dinge erledigen“, sagt Knigge-Expertin Kaiser.
Ebenfalls wichtig: deutlich sprechen. Nuscheln stoppt den Gesprächsfluss, da das Gegenüber ständig nachfragen muss. Der Anruf sollte aus einer Umgebung erfolgen, in der eine angenehme Atmosphäre herrscht. Ist es zu laut – etwa, weil im Hintergrund andere reden – besser das Zimmer wechseln. „Auch sollten Anrufer nach einem wohldosierten Small Talk schnell zur Sache kommen“, rät Schwarz. Denn im Berufsleben ist Zeit kostbar.
Ist das Telefonat unangekündigt, sollte der Anrufer fragen, ob das Gegenüber Zeit für das Gespräch hat und wann es gegebenenfalls besser passt. „Gut ist, genau hinzuhören, denn die Stimme des Angerufenen sagt viel über seine momentane Befindlichkeit“, erklärt Gietzen-Wieland. Hört sich der Gesprächspartner genervt an, sind die Erfolgsaussichten für das eigene Anliegen wohl eher gering. In solchen Momenten ist es Schwarz zufolge besser zu sagen: „Ich habe den Eindruck, es passt bei Ihnen gerade nicht, wann darf ich Sie noch einmal anrufen?“
Ansonsten gelten bei einem Telefonat im Job-Alltag die allgemeinen Regeln: „Zuhören und ausreden lassen“, betont Kaiser. Den anderen nicht zutexten, sondern auf Dialog setzen. „Idealerweise fasst der Anrufer am Ende des Telefonats noch einmal die Ergebnisse des Gesprächs zusammen und schickt diese per Mail an den Angerufenen“, sagt die Knigge-Expertin. Das gibt der Sache eine gewisse Verbindlichkeit und ist zugleich eine Absicherung für beide Seiten.
Es gibt aber auch Leute, die telefonscheu sind. Wer das bei sich selbst feststellt, aber im Berufsleben öfter zum Telefonhörer greifen muss, sollte sich der Situation stellen und sich fragen, wovor er konkret Angst hat. Oft kann schon ein Gespräch mit dem Partner oder Freunden helfen, Blockaden zu lösen.
Hat man den Eindruck, dass ein potenzieller Gesprächspartner eher telefonscheu ist, dann sollte man dies respektieren – und ihm oder ihr einfach eine E-Mail schicken. „Aber Vorsicht“, sagt Business-Coach Schwarz. Vorschnelle Unterstellungen bringen einen nicht weiter. „Das könnte auch eine Vielzahl anderer Gründe haben“, so Schwarz.