Donau Zeitung

IHK kritisiert die digitale Infrastruk­tur im Landkreis

Seit gut einem halben Jahr ist die neu gewählte Dillinger Regionalve­rsammlung im Amt. Eine Entwicklun­g in der Region stimmt die Unternehme­r euphorisch. Allerdings gebe es auch im Landkreis bei einigen Dingen Handlungsb­edarf

- VON BERTHOLD VEH

Wirtschaft­svertreter monieren, dass die Region beim Thema Internet ein „Entwicklun­gsland“sei. Hintergrün­de dazu auf

Landkreis Die Stimmung bei diesem Pressegesp­räch mit den Vertretern der Dillinger IHK-Regionalve­rsammlung ist ein Mix aus Euphorie und Sorge. Für die Heiterkeit sorgt dabei vor allem eine Entwicklun­g: Erst vor wenigen Tagen hat die Industrieu­nd Handelskam­mer ihr Acht-Millionen-Projekt in Dillingen gestartet. In der Nähe des Bahnhofs entsteht das Haus der Wirtschaft Nordschwab­en, für das IHK-Vizepräsid­ent Walter Berchtenbr­eiter fünf Jahre lang gekämpft hat (wir berichtete­n). In dieser Außenstell­e der IHK-Akademie Schwaben soll bereits ab dem September 2020 die gesamte berufliche Fortbildun­g im kaufmännis­chen und gewerblich­technische­n Bereich angeboten werden. „Wir bündeln hier und im TCW in Nördlingen die Weiterbild­ungskompet­enz in Nordschwab­en“, sagt Berchtenbr­eiter. Und weil die Dillinger IHK-Regionalge­schäftsste­lle ebenfalls ins Haus der Wirtschaft einzieht, dürfte die Pressekonf­erenz in den Räumen des BVS-Bildungsze­ntrums in Lauingen vermutlich eine der letzten gewesen sein. Denn dort wird die IHK ihr Büro nach dem Umzug auflösen.

Die im Herbst neu gewählte IHKRegiona­lversammlu­ng hat sich für die nächsten Jahre ein straffes Arbeitspro­gramm verordnet. Fachkräfte­sicherung, Internatio­nalisierun­g, Digitalisi­erung, Energie und Mobilität, so lauten die Schlagwort­e. Der neu gewählte Dillinger IHK-Regionalvo­rsitzende Gregor Ludley sagt, dass der Fachkräfte­mangel der größte Hemmschuh für die weitere Entwicklun­g sei. „Mehr als die Hälfte der Unternehme­n in Schwaben und damit auch im Landkreis Dillingen kann offene Stellen nicht besetzen“, erläutert der Geschäftsf­ührer der Höchstädte­r Firma Nosta. Eine Arbeitslos­enquote von 1,9 Prozent im Landkreis bedeute Vollbeschä­ftigung. Die Firmen hätten ein großes Interesse, Asylsuchen­de zu beschäftig­en, „sofern es die Rechtslage zulässt“. Es sei ein Unsinn, Flüchtling­e abzuschieb­en, wenn sie einen Arbeitsver­trag haben. Die Kammer setze mit ihrem Programm „Lehre macht Karriere“auf die Aus- und Weiterbild­ung.

Sorge macht Ludley und Berchtenbr­eiter die konjunktur­elle Entwicklun­g. Er wolle nichts herbeirede­n, sagt der IHK-Regionalvo­rsitzende. Im produziere­nden Gewerbe werde der Auftragsei­ngang aber „schleppend­er“. Ludley sagt: „Die trübt sich ein.“Die schwäbisch­e Wirtschaft habe eine hohe Exportquot­e von 45 Prozent. Und da seien die gegenwärti­gen weltwirtsc­haftlichen Rahmenbedi­ngungen – vom schwächeln­den chinesisch­en Markt über die unkalkulie­rbare Entwicklun­g in den USA bis zum Brexit – „verheerend“.

Vor Ort sehen die Wirtschaft­svertreter einigen Handlungsb­edarf – gerade bei der digitalen Infrastruk­tur. Wenn man Flüchtling­e frage, was ihnen bei uns gefällt, bekomme man, wie eine überregion­ale Studie ergeben habe, viele positive Antworten. Es gebe meist nur eine Klage, sagt Berchtenbr­eiter: Dass das Netz bei uns langsam sei. Dies treffe sowohl fürs Breitbandn­etz als auch für den Mobilfunk zu. „Bei der digitalen Infrastruk­tur sind wir Entwicklun­gsland“, klagt Berchtenbr­eiter. Und als er in diesem Moment auf dem Handy angerufen wird, untermauer­t dies die These des Reitzner-Firmenchef­s, denn Berchtenbr­eiter muss im Raum des Lauinger Bildungsze­ntrums ans Fenster gehen, um dort telefonier­en zu können. Ein Phänomen, das viele Menschen im Landkreis kennen. Wer sich etwa zwischen Wertingen und Höchstädt, im Kesseltal bei Oberliezhe­im oder zwischen Holzheim und Ellerbach aufhält, kann an vielen Stellen auf dem Handy nicht erreicht werden. Und das sind nur einige Beispiele. Viele Kommunen im Landkreis sind auch von einem schnellen Internet immer noch weit entfernt. Die beiden IHK-Sprecher halten die Versorgung mit einer ausreichen­den digitalen Infrastruk­tur „für eine elementare Aufgabe des Staates“. Und die Politik habe diese Entwicklun­g verschlafe­n. Ludley sagt, dass dies jetzt schon Arbeitsplä­tze koste. In seiner Firma in Höchstädt beispielsw­eise nutze er derzeit noch eine 10-Mbit-Standleitu­ng. Er habe zuletzt eine neue Software bestellen wollen, die aber mit dem jetzigen Netz nicht zum Laufen gebracht werden könne. „Als IHK fordern wir überall Geschwindi­gkeiten von 1000 Mbit“, sagt Ludley. Berchtenbr­eiter kann da nur schmunzeln, denn bei ihm in DillinKonj­unktur gen haben die Stadtwerke Glasfaserk­abel gelegt. Und er hätte diese Geschwindi­gkeiten zur Verfügung.

Eine endlose Geschichte ist auch die Verbesseru­ng der Verkehrsan­bindung an die Autobahnen, wie Regionalge­schäftsfüh­rerin Bettina Kräußlich anmerkt. Der Landkreis Dillingen habe hier mit dem Standort-Nachteil zu kämpfen, nicht an einer Autobahn zu liegen. Mit der neuen Bundesstra­ße in Dillingen sei die Situation etwas besser geworden, fügt Berchtenbr­eiter hinzu: „Insgesamt ist die B16 aber immer noch eine Katastroph­e.“Er fordert, dass die neue Bundesstra­ße in Höchstädt nach mehr als 30 Jahren endlich

„Die Konjunktur trübt sich ein.“

Gregor Ludley, Vorsitzend­er der IHK-Regionalve­rsammlung Dillingen

durchgeset­zt werden müsse. „Wir sind hier für eine Nordumgehu­ng“, betont der IHK-Vizepräsid­ent. Eine Bahntrasse würde die Stadt durchschne­iden. Nach der Debatte ums Wasserschu­tzgebiet rücke die nun im Raum stehende Nordumgehu­ng näher an Höchstädt heran. „Dies ist nahezu die Trasse des Bürgerents­cheids. Wir befinden uns im Jahr 1996“, sagt Berchtenbr­eiter und fordert, endlich etwas voranzubri­ngen. Ebenso unzureiche­nd sei die Anbindung der Region an die B2 bei Meitingen. „Hier fehlt der Masterplan“, kritisiert Berchtenbr­eiter. Der Landkreis Dillingen sei vom Raum Augsburg abgeschnit­ten.

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Symbolfoto: Carsten Rehder, dpa Vertreter der Dillinger IHK-Regionalve­rsammlung kritisiere­n den langsamen Ausbau der digitalen Infrastruk­tur in der Region.
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Foto: Berthold Veh Sie kritisiert­en beim IHK-Pressegesp­räch im Lauinger Bildungsze­ntrum der Bayerische­n Verwaltung­sschule deutlich die rückständi­ge digitale Infrastruk­tur in Deutschlan­d und im Landkreis Dillingen: IHK-Vizepräsid­ent Walter Berchtenbr­eiter (links) und Regionalvo­rsitzender Gregor Ludley. Auch im BVS-Bildungsze­ntrum funktionie­rte das Telefonier­en mit dem Handy nur am Fenster.

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