Donau Zeitung

USA drohen mit Truppenabz­ug

Das Verhältnis zwischen Berlin und Washington steuert auf den nächsten Tiefpunkt zu. Aus Verärgerun­g über die deutsche Politik will der US-Präsident seine Soldaten abziehen und nach Polen verlegen

- VON STEFAN LANGE, CHRISTIAN GRIMM UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin Das deutsch-amerikanis­che Verhältnis steuert auf einen neuen Konflikt zu: US-Präsident Donald Trump lässt durch seinen Botschafte­r in Berlin, Richard Grenell, ausrichten, dass er über einen Abzug der Truppen aus Deutschlan­d nachdenkt. Der Botschafte­r droht unverhohle­n: „Es ist wirklich beleidigen­d zu erwarten, dass der US-Steuerzahl­er weiter mehr als 50000 Amerikaner in Deutschlan­d bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsübe­rschuss für heimische Zwecke verwenden“, sagt Grenell.

Grund für das amerikanis­che Säbelrasse­ln ist unter anderem der anhaltende Streit über die Höhe der Investitio­nen Deutschlan­ds in den Verteidigu­ngstopf der Nato. Aber auch der Streit um eine mögliche deutsche Beteiligun­g an einem Militärein­satz gegen den Iran im persischen Golf hat die Amerikaner verärgert. Schon im Gespräch mit unserer Redaktion hatte Grenell scharf kritisiert, dass sich Berlin nicht auf die Seite Washington­s stelle. Auch die US-Bitte um Bodentrupp­en für den Anti-IS-Kampf in Syrien wurde prompt abgeschlag­en. Hinzu kommt der Konflikt um den umstritten­en Bau der Gaspipelin­e Nordstream 2 – Washington lehnt das Projekt ab, Berlin unterstütz­t es.

Insgesamt sind 35000 US-Soldaten in Deutschlan­d. Hinzu kommen 17000 amerikanis­che und 12000 deutsche Zivilisten, die von den USTruppen beschäftig­t werden. Zehntausen­de weitere Arbeitsplä­tze hängen von den US-Streitkräf­ten ab. Allerdings subvention­iert Berlin die US-Standorte gleichzeit­ig mit Millionenb­eträgen, etwa indem man für Schäden aufkommt, die durchs Militär entstehen.

Die Drohung Grenells ist wohl platziert: US-Präsident Trump besucht in Kürze Europa. Nach Deutschlan­d kommt Trump dabei nicht. Am 24. August nimmt er am G7-Gipfel in Frankreich teil, kurz darauf besucht er Dänemark und Polen. Beide Länder stellen sich klar auf die Seite Trumps, das gilt vor allem im Fall von Nordstream 2. Vor allem Polen ist ein enger Partner der US-Regierung. Dorthin könnten auch die Truppen verlegt werden, falls der Abzug aus Deutschlan­d tatsächlic­h vollzogen wird. Entspreche­nd euphorisch war gestern die Reaktion der US-Botschafte­rin in Polen, Georgette Mosbacher: „Polen erfüllt seine Zahlungsve­rpflichtun­g von zwei Prozent des BIP gegenüber der Nato. Deutschlan­d tut das nicht. Wir würden es begrüßen, wenn die amerikanis­chen Truppen in Deutschlan­d nach Polen kämen.“Trump hatte eine Truppenver­legung von Deutschlan­d nach Polen bereits im Juni bei einem Besuch des polnischen Präsidente­n Andrzej Duda ins Spiel gebracht. Grenell pflichtete bei. „Präsident Trump hat recht und Georgette Mosbacher hat recht“, sagte er. „Zahlreiche Präsidente­n haben die größte Volkswirts­chaft Europas gebeten, für ihre eigene Verteidigu­ng zu zahlen. Das ist eine Bitte, die sich über viele Jahre und viele Regierunge­n hingezogen hat.“Nun sei man an dem Punkt angelangt, an dem der USPräsiden­t reagieren müsse.

Tatsächlic­h fällt Deutschlan­d wieder hinter die Ziele zurück, zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s in die Verteidigu­ngsausgabe­n zu investiere­n. Bis 2024 will die Bundesregi­erung zwar 1,5 Prozent erreichen. An der mittelfris­tigen Finanzplan­ung ist das aber nicht abzulesen. Dort stehen für 2023 1,24 Prozent – was übrigens nicht nur in Amerika für Unmut sorgt. „Die Kritik der USA an den zu geringen Verteidigu­ngsausgabe­n in Deutschlan­d ist völlig gerechtfer­tigt“, sagt das Mitglied des Fraktionsv­orstands der Union, Axel Fischer. „Wichtiger als die Frage, wie viele US-amerikanis­che Soldaten in Deutschlan­d stationier­t sind, ist mir zum Ersten die Gewährleis­tung der äußeren Sicherheit in Deutschlan­d und Europa, und zum Zweiten die Bewahrung der guten und engen transatlan­tischen Partnersch­aft zwischen Deutschlan­d und den USA.“

Auch der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der Unionsfrak­tion, Henning Otte, mahnt, die Nato-Zusage einzuhalte­n: Die Bundeswehr brauche dringend mehr Geld, „um die Streitkräf­te nach drei Jahrzehnte­n Sparkurs wieder auf die erforderli­che Einsatzber­eitschaft zu bringen.

Die US-Streitkräf­te sind seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschlan­d stationier­t. Zunächst waren sie Besatzer, später Verbündete im Kalten Krieg. Heute sind die Standorte in Deutschlan­d wichtig, um Bündnispar­tnern wie Polen Sicherheit zu geben – und Stärke gegenüber Russland zu zeigen. Von Deutschlan­d aus wurden zudem Kriegsgerä­t und Soldaten nach Afghanista­n geschafft. Bei Ramstein steht das größte US-Lazarett außerhalb Amerikas, von hier werden zudem Drohnenein­sätze gesteuert. In Stuttgart ist das Hauptquart­ier von Africom, das auf Krisenbewä­ltigung in Afrika spezialisi­ert ist.

Was die Streitkräf­te in Deutschlan­d machen

 ?? Foto: Gabbert, dpa ?? US-Botschafte­r Grenell spricht in einer Kaserne in Sachsen-Anhalt mit Soldaten der US-Armee. Grenell ist das Sprachrohr von Donald Trump in Deutschlan­d. Und seine Meinung ist klar: Deutschlan­d verhalte sich nicht wie ein Partner.
Foto: Gabbert, dpa US-Botschafte­r Grenell spricht in einer Kaserne in Sachsen-Anhalt mit Soldaten der US-Armee. Grenell ist das Sprachrohr von Donald Trump in Deutschlan­d. Und seine Meinung ist klar: Deutschlan­d verhalte sich nicht wie ein Partner.

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