Die Polizei darf jetzt wieder rein
Bisher musste sie in der Regel aus den Universitäten draußen bleiben. Das sollte die Freiheit von Forschung und Lehre sichern. Das neu gewählte Parlament sieht das anders
Athen Bisher waren die griechischen Universitäten für die Polizei tabu. Sie durfte sie nicht betreten. Das nutzten Kriminelle und Chaoten. Jetzt schränkt ein neues Gesetz das Uni-Asyl ein.
Nach einer scharf geführten Debatte hat das griechische Parlament am Donnerstagabend die Abschaffung des Universitäts-Asyls in seiner bisherigen Form beschlossen. Die Gesetzesänderung beendet eine europaweit einmalige Regelung, die ursprünglich die Freiheit von Forschung und Lehre sichern sollte, in den vergangenen Jahren aber immer wieder von Kriminellen missbraucht wurde.
Bisher durfte die Polizei ein Universitätsgelände nur betreten, wenn dort eine schwere Straftat wie Mord oder Totschlag begangen wurde
Ein Rückzugsort für Kriminelle und Chaoten
oder wenn es eine solche Tat zu verhindern galt. Andere Polizeieinsätze in den Unis waren nur möglich, wenn zuvor Vertreter der Fakultät und der Studentenschaft zustimmten – ein langwieriges Verfahren, das selten zu einem Ergebnis führte.
So wurde das Universitäts-Asyl immer mehr zu einem Schutzschild für Kriminelle und Chaoten. Drogendealer gingen vor Universitätsgebäuden ihren Geschäften nach, um sich auf den Campus zurückzuziehen, wenn die Polizei kam. Linksextremisten nutzten Hochschulgebäude wie das Athener Polytechnikum und die juristische Fakultät als Rückzugsräume, in denen sie ihre Molotowcocktails abfüllten. Nach ihren Straßenschlachten mit der Polizei zogen sie sich in die Universitätsgebäude zurück, wo sie nicht selten schwere Verwüstungen anrichteten. So wurden viele griechische Universitäten zu rechtsfreien Räumen. Im Sommer 2017 hielten Anarchisten aus aller Welt wochenlang das Gebäude der Aristoteles-Universität in Thessaloniki besetzt. Die Polizei musste untätig zuschauen.
Das Universitäts-Asyl wurde 1982 von der Regierung des sozialistischen Premiers Andreas Papandreou eingeführt – auch unter dem Eindruck der Ereignisse vom November 1973, als die damalige Obristenjunta eine Studentenrevolte im Athener Polytechnikum blutig niederschlagen ließ. 2011 setzte das damalige Parlament mit den Stimmen der regierenden Sozialisten und der konservativen Opposition das Asyl außer Kraft. „Das Uni-Asyl wurde missbraucht und verdreht“, sagte die damalige Bildungsministerin Anna Diamantopoulou zur Begründung. 2015 führte die Regierung des Linkspopulisten Alexis Tsipras das Asyl aber wieder ein.
Nach der jetzt beschlossenen Gesetzesänderung kann die Polizei einschreiten, wenn auf dem Universitätsgelände Straftaten begangen werden. Eine Genehmigung des Rektors oder der Fakultäten brauchen die Beamten nicht mehr. Oppositionschef Tsipras warf in der Parlamentsdebatte der konservativen Regierung vor, sie wolle mit der Abschaffung des Universitäts-Asyls freie Debatten an den Hochschulen unterdrücken und die Freiheit von Lehre und Forschung untergraben.
Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis rechtfertigte die Änderung mit dem Argument, die Universitäten müssten wieder „Orte der Kreativität ohne Angst“werden. Er warf dem oppositionellen Linksbündnis Syriza vor, es zeige „Toleranz gegenüber der Kriminalität“.