„Uns Landwirte bedrückt das gewaltig“
Drei Bauernvertreter schildern, wie ihr Berufsstand unter dem Tierskandal im Unterallgäu leidet
Kempten Die massiven Vorwürfe gegen Unterallgäuer Bauern wegen Tierquälerei haben tiefe Spuren hinterlassen: „Uns Landwirte bedrückt das gewaltig. Immer wenn ich in den Stall gehe, denke ich an eine Kamera“, sagt die Oberallgäuer Kreisbäuerin Monika Mayer. „Das ist ein verdammt mieses Gefühl. Denn der Stall ist kein Büro, er ist unser Lebensmittelpunkt.“Sie wünschte sich ein „gesundes Vertrauen in die Tatsache, dass Bauern ureigenstes Interesse am Tierwohl haben“.
Im Gespräch mit unserer Redaktion betonen Kreisbäuerin Mayer, ihr Unterallgäuer Kollege Martin Schorer sowie der schwäbische Bauernverbandspräsident Alfred Enderle, dass die meisten Landwirte verantwortungsbewusst arbeiteten. „Jetzt in jedem Stall Kameras zu installieren, wäre wie in jedes Kinderzimmer eine zu hängen, weil irgendwer sein Kind geschlagen hat“, findet Enderle.
Die drei BBV-Vertreter wollen die mutmaßlichen Vorkommnisse bei dem Unterallgäuer Bauern nicht beschönigen. „Missstände müssen aufgeklärt und konsequent bestraft werden“, sagt Enderle. Doch rund um diesen Fall gebe es vieles, was den Landwirten schwer im Magen liegt. Wenn beispielsweise die „Soko Tierschutz“dazu animiere, weitere Vorkommnisse zu melden, „ist das ein Aufruf zum Denunzieren“, sagt Schorer. Enderle wünscht sich generell, dass bei kritischen Beobachtungen erst das Gespräch mit dem Bauern gesucht wird. Bei echten Missständen müssten selbstverständlich die Behörden eingeschaltet werden.
Die Hetze gegen den Unterallgäuer Landwirt im Internet, dazu zerstochene Reifen und eingeschlagene Scheiben: „Das ist unserer Demokratie nicht würdig“, ärgert sich Schorer. In der öffentlichen Diskussion würde sich der Unterallgäuer BBV-Obmann „weniger HaudraufMentalität und mehr Realitätssinn“wünschen. Eine kranke 650-KiloKuh müsse man beispielsweise mithilfe einer Hüftklemme aufstellen, auch wenn das „kein schönes Bild“abgebe. „Man kann in einem Stall nicht alles mit Samthandschuhen anpacken. Deshalb sind wir aber noch lange keine Tierquäler.“
Generell sei es ein Problem, „dass die meisten Menschen keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft haben“, sagt Mayer. „Das Idealbild kleiner Höfe mit zehn Tieren ist einfach nicht realistisch“, sagt auch Schorer: „So können wir die Bevölkerung nicht ernähren.“Das Tierwohl hänge aber auch nicht von der Zahl der Kühe ab: „Auch ein Betrieb mit mehreren hundert Tieren ist dank Melkroboter und Futterwagen gut zu führen. Man braucht halt ausreichend qualifizierte Mitarbeiter“, sagt Mayer. Doch die seien immer schwerer zu finden. Enderle nickt: „Es bringt nichts, die Zahl der Tiere zu begrenzen.“Auch in einem Kleinbetrieb könne ein Bauer an sein Limit kommen.