Urteil nach tödlichem Saufgelage
Überraschung im Prozess: einmal Haft, zweimal Freispruch
Memmingen Es war eines der grausamsten Verbrechen der vergangenen Jahre im beschaulichen Unterallgäuer Kurort Bad Wörishofen, und der Gerichtsprozess dazu endete mit einer großen Überraschung. Drei Männer, heute 56, 37 und 34 Jahre alt, sollen im September 2018 in einem ehemaligen Kurhotel so lang auf einen 46-Jährigen eingeprügelt haben, bis dieser sich nicht mehr bewegte und starb – so lautete die Anklage. Verurteilt wurde am Freitag aber nur der Jüngste des Trios – und zwar nicht wegen (gemeinschaftlichen) Totschlags, sondern wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie einer weiteren schweren Körperverletzung, die er nicht einmal einen Monat nach dem Vorfall in Bad Wörishofen begangen haben soll. Der Mann muss für zehn Jahre ins Gefängnis. Seine beiden 56 und 37 Jahre alten Mitangeklagten hat das Landgericht Memmingen freigesprochen.
Im Laufe des zweimonatigen Prozesses hatte eine Rechtsmedizinerin detailliert von Blut- und DNA-Spuren berichtet, die am Tatort, am Toten und an Gegenständen der Angeklagten gefunden worden waren. Das Opfer hat durch rund 60 Schläge und Tritte unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Vermutlich erstickte der bewusstlose Mann nach einem Nasenbeinbruch an seinem eigenen Blut. Über ein Motiv konnte nur spekuliert werden: Die drei Angeklagten mit deutschen Pässen, alle geboren in der ehemaligen Sowjetunion, hüllten sich in Schweigen.
Wie Richter Christian Liebhart sagte, lege die Vielzahl der Verletzungen nahe, dass mehrere Personen an den Misshandlungen beteiligt gewesen waren. Den beiden älteren Angeklagten sei diese Beteiligung jedoch nicht eindeutig nachzuweisen – auch wenn die Spuren sie schwer belasteten. Es sei aber möglich, dass der 37-Jährige und der 56-Jährige erst beim Reinigen des Tatorts mit dem Blut des Opfers in Kontakt gekommen seien. Die sogenannten Haltegriffverletzungen, die ein Gutachter an dem Toten feststellte, könnten entstanden sein, als die beiden das Opfer während der Prügelattacke festhielten – oder auch erst beim Umlagern des Leichnams. Letztlich wurden die Männer aufgrund dieser Zweifel freigesprochen. Sie erhalten eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und die Hausdurchsuchungen.
Unter den Prozessbeobachtern herrschte am Ende Fassungslosigkeit. Einer von ihnen kommentierte das Urteil mit dem Wort „Wahnsinn!“