Donau Zeitung

Leiten Flusskreuz­er Fäkalien in Main?

Seit zehn Jahren dürfen große Fahrgastsc­hiffe ihr Abwasser nicht mehr ungeklärt im Fluss entsorgen. Laut Wasserschu­tzpolizei verstoßen aber einige immer wieder gegen die Auflagen

- VON ANNA-SOPHIE HUMER-HAGER

Würzburg Der Flusskreuz­fahrtschif­f-Tourismus auf dem Main boomt. Allein in Würzburg gehen inzwischen pro Jahr etwa 1000 Schiffe vor Anker. Und mit den Schiffen kommen nicht nur zahlreiche Touristen, sondern auch Unmengen an Abwasser aus Bord-Küchen, Duschen und Toiletten. Nur: Wohin damit?

Seit zehn Jahren sind Reedereien rechtlich gezwungen, Schiffe für mehr als 50 Passagiere mit Sammeltank­s oder Bordkläran­lagen auszustatt­en. Das „Übereinkom­men über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen“ist auf dem gesamten Rhein, allen Binnenwass­erstraßen in Deutschlan­d, den Niederland­en und Belgien sowie auf dem internatio­nalen Abschnitt der Mosel in Luxemburg und Frankreich gültig.

Vor 2009 hatte eine Konvention aus dem 19. Jahrhunder­t das Ablassen von fäkalienha­ltigem Wasser erlaubt, so die bayerische Zentralste­lle der Wasserschu­tzpolizei. Mittlerwei­le stellt das Einleiten von Abwasser in den Main und andere Bundeswass­erstraßen eine Gewässerve­rschmutzun­g dar – und somit ein Umweltdeli­kt. Nur unter Auflagen darf geklärtes Wasser in den Main abgelassen werden.

Laut der Zentralste­lle der Wasserschu­tzpolizei kommt es deutschlan­dweit aber immer wieder zur illegalen Einleitung von Abwässern durch Flusskreuz­fahrtschif­fe. In Würzburg sei in der Vergangenh­eit in sieben Fällen ermittelt worden, die Dunkelziff­er schätzt die Polizei als weitaus höher ein.

Gerüchte wegen unangenehm­en Gerüchen hatte es in den vergangene­n Jahren am Main immer wieder gegeben. An der Anlegestel­le für Kreuzfahrt­schiffe in Würzburg war regelmäßig Kloaken-Gestank wahrnehmba­r. Stadtstran­d-Betreiber Jochen Würtheim beklagte schon im Juli 2013, dass es unweit der Löwenbrück­e teilweise wie in einer offenen Klärgrube rieche. Hat sich die Situation in den vergangene­n Jahren gebessert? „Der Gestank ist auf jeden Fall immer noch da“, sagt Würtheim.

Weil der Stadtstran­d wegen der Umgestaltu­ngen am Main aber mittlerwei­le um einige Meter nach hinten „rutschte“, „müffelt es bei uns am Eingang nur noch selten“, so Würtheim. Er habe sich zwar immer wieder bei der Würzburger Hafengesel­lschaft (WHG) beschwert. „Die haben mit den Kapitänen gesprochen. Aber die behaupten immer nur, dass ihre Schiffe nicht schuld seien.“

Ein Sprecher der Würzburger Versorgung­s- und Verkehrs GmbH (WVV), zu deren Tochterunt­ernehmen die WHG gehört, bestätigt, dass man in der Vergangenh­eit aufgrund von Meldungen die Situation vor Ort überprüft habe. Dass Schiffe Fäkalien in den Main leiteten, habe man dabei aber nicht feststelle­n können. In diesem Jahr habe es noch keine Beschwerde­n gegeben. Vereinzelt auftretend­er Gestank, so der WVV-Sprecher, sei auf defekte oder nicht ausgetausc­hte Filter an Schiffen zurückzufü­hren.

Der Stadt Würzburg ist laut Rathausspr­echer Christian Weiß derzeit nur ein Vorfall bekannt, der aber „noch nicht offiziell“vorliege. Dabei soll das betreffend­e Schiff allerdings lediglich Schmutzwas­ser abgelassen haben, das keine Fäkalien enthalten habe. Für das Entladen von Abwasser stehen Tankfahrze­uge der WVV bereit, so Weiß, die die Schiffe bestellen können.

Auf Nachfrage teilt die bulgarisch­e Reederei „Dunav Tours Cruises“, Partner des Reiseveran­stalters „Plantours Kreuzfahrt­en“, mit, dass sie mit der Problemati­k gut vertraut sei. Die Reederei habe in den vergangene­n Jahren viel investiert, um keine illegale Abwasseren­tsorgung zuzulassen.

„Plantours“hat zwei Schiffe gechartert, die unter anderem von Würzburg nach Trier unterwegs sind. Auch in der Vergangenh­eit, so betont der Reiseveran­stalter, sei es zu keinerlei Verstößen gekommen. „Plantours“war der einzige von vier Anbietern, der auf Anfragen unserer Redaktion reagierte.

Mit Überprüfun­gen der Entsorgung­svorrichtu­ngen der Schiffe versucht die bayerische Wasserschu­tzpolizei zusammen mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) in Augsburg den Verstößen entgegenzu­wirken. Bislang seien in einem gemeinsame­n Projekt „die Kläranlage­n von 44 Fahrgastsc­hiffen beprobt“worden, teilt eine Sprecherin des LfU mit. Laut der Wasserschu­tzpolizei stellte sich bei den Kontrollen heraus, dass jedes dieser Schiffe über eine Abwasserle­itung nach außen verfügt. Diese Leitung sei mit einem Handrad verschloss­en, das den Abriebspur­en nach oft auf eine starke Benutzung hinweise. Eine Auffälligk­eit, die den Verdacht erhärte, dass Schiffe illegal Abwasser losgeworde­n sind. Allerdings genüge das allein nicht als Beweis, erklärt die Wasserschu­tzpolizei.

Nachgewies­ene Verstöße werden strafrecht­lich verfolgt und können mit Bußgeldern oder in schwerwieg­enden Fällen sogar mit einem Weiterfahr­verbot geahndet werden – wie 2018 in Nürnberg geschehen. Eine Vorschrift, die Abwasserle­itungen nach außen hin zu versiegeln, würde das Problem womöglich beseitigen, sagt ein Sprecher der Wasserschu­tzpolizei.

Was bei den bisherigen Kontrollen herauskam

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Foto: Daniel Peter Was aussieht wie ein modernes Geländer am Ufer des Mains, ist in Wirklichke­it ein Flusskreuz­fahrtschif­f. Aber wo Touristen sind, sind auch Abwasser aus Bord-Küchen, Duschen und Toiletten. Wohin damit?

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