Kleiner Verein, große Pläne
In Neu-Ulm wird bald erstklassig gespielt, dabei gab es den Verein vor kurzem noch gar nicht. Verantwortlich dafür: ein Mann mit sportlicher Vergangenheit
Neu-Ulm Mit dem TTC Neu-Ulm startet nächste Woche nicht nur ein erst kürzlich gegründeter Klub in die neue Saison der TischtennisBundesliga. In vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist auch seine Vorgeschichte. Hinter dem ambitionierten Vorhaben steht ein sportbegeisterter Ulmer Unternehmer, der mit den kleinen runden Plastikbällen eigentlich nichts zu tun hat. Noch Mitte März hatte Florian Ebner, geschäftsführender Gesellschafter einer Mediengruppe, gerade mal einen Plan, ein Budget und eine Lizenz der Liga. Mehr nicht. Weder Spieler noch Trainer, keine Halle, kein Team im Umfeld. Nicht wenige Beobachter der Szene prophezeiten dem 61-Jährigen ein vorzeitiges Ende seiner Bemühungen.
Auch Kristijan Pejinovic, Präsident des amtierenden Meisters, Pokalsiegers und Liga-Konkurrenten TTF Ochsenhausen, war seinerzeit skeptisch: „Die guten Leute in der Liga sind längst versorgt und der Markt ist praktisch abgegrast.“Jetzt, knapp zwei Wochen vor dem ersten Aufschlag in der neuen Runde, stellt Ebner nicht ohne Stolz fest: „Sportlich und organisatorisch haben wir zwar noch ein paar Baustellen, aber die Saison steht.“Der Klubchef, vor rund 20 Jahren schon Präsident des damaligen Fußball-Erstligisten SSV Ulm, wirkt entspannt und vertritt dieser Tage übrigens Deutschland bei den Tennis-Weltmeisterschaften der Senioren in Lissabon. Zu Hause hält ihm derweil seine Managerin Nadine Berti den Rücken frei. Sie hat Ebner vom benachbarten Ulm geholt.
„Ich möchte Tischtennis hier neben dem Basketball als zweite hochklassig vertretene Sportart etablieren“, begründet er sein Engagement. Für das er sich, wie er einräumt, erst Anfang Januar bei der deutschen Pokalendrunde in NeuUlm so richtig begeistert habe. Ebner, ansonsten eher dem Tennis und Ratiopharm Golf zugetan, schwärmt noch heute von „den grandiosen Leistungen und der brodelnden Atmosphäre“. Ähnliches will er nun in der Region regelmäßig anbieten, Auftritte von Timo Boll und Co. beim bundesweit wohl kleinsten Tischtennis-Klub (acht Mitglieder) sollen zum Normalfall werden.
Ermöglicht hat all das eine Wildcard der Liga, eine Art SonderliBasketball-Bundesligisten zenz, weil zuletzt die ZweitligaMeister stets den Aufstieg ins Oberhaus verweigert hatten. „Das Konzept und Herr Ebner als Person haben uns überzeugt“, begründete Liga-Geschäftsführer Nico Stehle seinerzeit die Lizenzvergabe. Dass damit jetzt endlich wieder die Sollstärke von zwölf Mannschaften erreicht werde, sieht er „als wichtiges Signal für die zweite Liga“.
Dem Neuling bescheinigt Stehle einen respektablen Kader, stark genug jedenfalls für einen Platz im Mittelfeld. Den nennt auch Florian Ebner als sportliches Ziel für die erste Saison. Als Akteure bislang bekannt sind der Portugiese Tiago Apolónia, der Brasilianer Gustavo Tsuboi, der Franzose Abdel-Kader Salifou und Viktor Brodd aus Schweden, dazu das deutsche Nachwuchstalent Kay Stumper. Allesamt also keine Spieler aus der Top-Etage der Weltrangliste, aber für den Liga-Alltag muss das nichts heißen. Überdies laufen noch Verhandlungen mit einem starken Koreaner. Managerin Berti zufolge zeichnet sich zudem die Verpflichtung eines Chinesen ab, „jedoch nicht zum ersten Spiel“.
Als Cheftrainer gewinnen konnte der Klub immerhin einen renommierten Mann: Chen Zhibin, 56, gebürtiger Chinese und inzwischen deutscher Staatsbürger.
Die Rekrutierung des Personals sei schon schwierig gewesen, resümiert Florian Ebner, „aber noch größer war das Hallenproblem“. Auch das sei inzwischen gelöst. Die ersten drei Heimspiele bestreitet der Neuling auf jeden Fall in der für Tischtennis eigentlich überdimensionierten Ratiopharm-Arena. „Danach sehen wir weiter.“
OLiga-Auftakt Der TTC Neu-Ulm startet an diesem Samstag beim ASV Grünwettersbach in die Bundesliga.