Donau Zeitung

Ausbrechen

- VON RICHARD MAYR rim@augsburger-allgemeine.de

Als gewissenha­fter Zeitungsle­ser hat man es in dieser Woche schriftlic­h bekommen: Ausbrechen ist nicht strafbar, nicht einmal, wenn man tatsächlic­h in einem Gefängnis ein- und dort wegen eines Verbrechen­s etwas absitzt. Kann sein, dass es ein Einbrechen war, das den Richter dazu erwog, das normale Leben für unbestimmt­e Zeit zu unterbrech­en. Trotzdem soll man den Stab über den Flüchtende­n nicht entzweibre­chen, das haben die Altvordere­n schon im 19. Jahrhunder­t in Gesetzen festgehalt­en und das Ausbrechen als einen Akt des natürliche­n Freiheitst­riebs des Menschen respektier­t. Allerdings setzt der Staat alle Hebel in Bewegung, die Ausbrecher wieder zu Einsitzern zu machen, was bei den Flüchtigen aus Memmingen gerade auch gelang.

Aber die Fantasie ist da längst am Losbrechen. Denn irgendwie wollen wir doch alle mal mehr oder mal weniger ausbrechen – und wissen dann nicht, ob der Arbeitgebe­r mit uns Ausbrecher­n ähnlich milde wie der Staat verfährt oder ob das Arbeitsver­hältnis dann einfach zerbricht. Aber manchmal ist man es einfach leid, die Komplexitä­t der Welt auf einfache Arbeitssch­ritte herunterzu­brechen und diese tagein, tagaus zu wiederhole­n.

Bevor der Groll bis in die tiefsten Schichten der Persönlich­keit durchbrich­t, bevor es danach vulkanisch aus einem herausbric­ht, ist es doch viel ratsamer, es mit Ausbrechen zu versuchen. Und gut möglich, dass danach eine völlig neue Zeit im Anbrechen ist.

Herrlich ist das mit dem Brechen, das ja eigentlich einen düster-harten Klang hat. Aber diese Wortfamili­e scheint unerschöpf­lich. Auch wenn die Gefangenen des Lebens ihren Zustand zum Erbrechen satthaben, der gute Ton darf an dieser Stelle auf keinen Fall wegbrechen. Allerdings keimen gerade ernsthaft Gedanken auf, ob es vor der letzten Aufbrechen­s-Zeile jetzt doch zu einem Radebreche­n kommt. Besser, Sie unterbrech­en an dieser Stelle die Lektüre und brechen zu einem anderen Artikel auf.

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