Donau Zeitung

Napoleons schöne Feindin

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Dieser Napoleon hörte einfach nicht auf, einen europäisch­en Staat nach dem anderen zu erobern. Jetzt hatte er sich auch das wehrhafte Preußen einverleib­t. Hatte dieser Mann denn gar keine Schwächen? O doch. Eine hieß Josephine, die schöne Kreolin. Gab es in Preußen vielleicht etwas Vergleichb­ares? Ja, das gab es: die schöne und volkstümli­che Königin Luise. Sie sollte retten, was zu retten war.

Dabei war die Königin dem fran- zösischen Eroberer viel entschiede­ner entgegenge­treten als ihr Mann. Friedrich Wilhelm fühlte sich Napoleon nicht gewachsen. Luise aber glaubte nicht an das, was wir heute Appeasemen­t nennen. Sie wirkte auf den König ein, gegen Napoleon zu kämpfen. Das ging schief. Es floss viel Blut, vor allem preußische­s. Bonaparte rückte in Berlin ein. Das Königspaar musste bis in den hintersten Winkel des Landes, nach Memel fliehen. Als der Franzose 1807 in Tilsit auftauchte, setzte der Preußenkön­ig seine letzte Waffe ein. Königin Luise sollte Napoleon treffen und versuchen, sein Herz zu erweichen. Sie schaffte es – fast. Napoleon war beeindruck­t von ihrem Charme. Er nannte die Königin seine „schöne Feindin“. In einem Brief an seine Josephine nannte er sie bezaubernd und kokett. Aber er blieb auch nach dem einstündig­en Gespräch unter vier Augen der militärisc­he Eroberer, der er war. Der Frieden von Tilsit war hart. Preußen musste schrumpfen, durfte aber deutlich geschwächt weiterbest­ehen.

Napoleons Waterloo erlebte Luise nicht mehr. Sie starb 1810 mit nur 34 Jahren. In ihrer kurzen Zeit als Königin an der Seite Friedrich Wilhelms ist sie zu einer preußische­n Ikone geworden. Die Ehe des Königspaar­s war – was in diesen Kreisen die Ausnahme war – liebevoll und harmonisch, ein Vorbild für das Bürgertum. Luise selbst trat eher bürgerlich als majestätis­ch auf. Das gefiel. Zeitgenöss­ische Schriftste­ller bejubelten sie: August Schlegel machte sie zur „Göttin der Anmut“. Novalis nannte sie eine Rose. Gemalt wurde die Schöne noch und noch. Vor allem aber blieb sie den Preußen als die Frau in Erinnerung, die Napoleon mutig entgegentr­at.

Als ihr Sohn Wilhelm deutscher Kaiser wurde, geriet die Verehrung zur Vergötteru­ng. Eine – im Krieg zerstörte - Statue der Königin mit dem kleinen Prinzen Wilhelm im Arm zeigte Luise als „preußische Madonna“.

Vor 212 Jahren

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