So sieht faire Mode aus
Sogar viele der günstigeren Ketten haben inzwischen eigene Öko-Linien. Trotzdem ist die Begriffsvielfalt verwirrend: Was ist nachhaltige Kleidung – und wo findet man sie?
Berlin/Kassel Vier Modekollektionen jährlich, für jede Jahreszeit eine – so war das mal. Längst bringen die Firmen bis zu zwölf Kollektionen im Jahr in die Läden. „Die Preise werden günstiger und die Qualität gleichzeitig schlechter“, sagt Verena Bax, Ressourcen-Expertin vom Naturschutzbund. Rund 70 Stücke kauft jeder Deutsche im Jahr. „Fast Fashion“nennt sich das. Doch es gibt einen Gegentrend: Neben der Nutzung von ökologischem Material wollen immer mehr Menschen, dass ihre Kleidung unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wird – die „Slow Fashion“.
Fair, nachhaltig oder eco-fair – wo liegen die Unterschiede?
Viele Begriffe tummeln sich in der nachhaltigen Modewelt. Auf den ersten Blick scheinen sie ähnlich, doch es gibt Unterschiede. Wer von fairer Mode spricht, meint gute Arbeitsbedingungen entlang der Produktionskette. „Grün“ist Mode, wenn sie aus ökologisch abbaubaren Materialien besteht und bei der Herstellung weitestgehend auf den Einsatz von Chemikalien verzichtet wurde. Beide Aspekte lassen sich auch vereinen, erläutert Sophia Schneider-Esleben, Designerin für Nachhaltigkeit aus Kassel. „Eco-fair fasst ökologische Materialien und faire Produktionsbedingungen zusammen.“Auch hier wird so wenig Chemie wie möglich eingesetzt. Schwierig ist es mit dem Begriff „nachhaltig“. Denn was nachhaltig ist und was nicht, wird von jedem Designer und Label anders interpretiert. „Die meisten setzen daher Schwerpunkte und spezialisieren sich entweder auf den fairen oder ökologischen Aspekt“, sagt Dominique van de Pol, Mode- und Trendexpertin für Nachhaltigkeit aus Essen. Nur wenige vereinen beides. Was einem selbst am Herzen liegt, muss also jeder für sich selbst entscheiden.
Wie erkennt man faire und ökologische Mode?
Ob auf diese Aspekte geachtet wurde, zeigen zertifizierte Siegel. Meistens sind sie direkt am Etikett angebracht. Die App „Siegelklarheit“vom Bundesentwicklungsministerium kann helfen, sie zu verstehen: Dazu einfach das Siegel mit der Kamera des Smartphones scannen und die Informationen so abrufen.
Welche Siegel sind am bekanntesten?
Allen voran steht das „Global Organic Textile“-Siegel (GOTS). Es hat strenge ökologische und soziale Kriterien entsprechend der Internationalen Arbeitsorganisation, kurz ILO. Die strengsten Richtlinien für eine nachhaltige und soziale Textilproduktion in Europa hat das „NATURTEXTIL IVN zertifiziert BEST“-Siegel vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft. „Bei Outdoor-Produkten weist das Siegel von ‚Blue Sign‘ darauf hin“, ergänzt Bax vom Naturschutzbund. Von „Fairtrade“gibt es gleich zwei Siegel: Das Baumwoll-Siegel deckt die erste Stufe der Textil-Produktion ab und steht für umweltschonend und fair produzierte Rohbaumwolle. Von dort bis hin zum fertigen Produkt setzt der Fairtrade-Textilstandard an. Er achtet auch auf faire Arbeitssituationen entlang der Lieferkette. Ebenfalls darauf achtet das Siegel der „Fair Wear Foundation“. Das Problem: „Manche Labels können sich eine Zertifizierung nicht leisten“, erklärt Designerin Schneider-Esleben. Sie empfiehlt, sich gerade bei kleineren Labels im Netz oder im Geschäft über die Produktionsbedingungen zu informieren.
Welches Material ist nachhaltig?
Am besten sind zertifizierte ÖkoBaumwolle und Naturfasern, da bei deren Herstellung weniger giftige Abwässer entstehen. „In der Mode ist Lyocell mittlerweile eine beliebte nachhaltige Alternative zu Viskose, Modal und konventioneller Baumwolle“, erläutert Designerin van de Pol. Die Zellulose-Regenerat-Faser wird meist aus Eukalyptus hergestellt, ist biologisch abbaubar und gilt in der Herstellung als besonders umweltfreundlich. Vermeiden sollte man Materialien, die stark mit Chemikalien behandelt werden oder aus Kunststoffen bestehen. „Zu den synthetischen Chemiefasern gehören Polyester, Polyethylen und Elastan“, erläutert Bax. Schon bei der Herstellung gelangen giftige Chemikalien ins Abwasser. Später beim Waschen sind es Mikroplastikteilchen. Da Kunststofffasern sich nicht kompostieren lassen, sollte man sie so lange wie möglich tragen. „Am besten man wäscht, trocknet und bügelt sie nur so wenig wie möglich und lüftet sie nur aus“, rät Bax.
Sind diese Kleidungsstücke nicht vergleichsweise teuer?
Selbst mit kleinem Budget findet man mittlerweile bei den großen Ketten Kollektionen aus Bio-Materialien. „Durch den gezielten Kauf von Bio-Kollektionen zeigt man dem Unternehmen, wohin die Richtung gehen sollte“, sagt van de Pol. Der Preis für ein T-Shirt aus BioBaumwolle liegt dabei oft nur minimal höher als der für ein MarkenT-Shirt aus konventioneller Baumwolle. Ein hoher Preis bedeutet dagegen nicht immer, dass ein T-Shirt auch unter guten Produktionsbedingungen hergestellt wurde. Für Einsteiger empfiehlt Nachhaltigkeitsexpertin van de Pol ortsansässige Läden, die sich auf eco-faire Mode spezialisiert haben. Auch auf den bekannten Online-Shopping-Plattformen sind Eco-Labels mittlerweile vertreten.