Bescheidener Zocker
Der aktuelle Pokerweltmeister kommt aus Deutschland. Familienvater Hossein Ensan könnte im Luxus schwelgen. Das will der Münsteraner aber nicht
Münster/Las Vegas Mit dem Ferrari durch Münster kreuzen? Das ist nichts für Hossein Ensan. Dazu ist er zu bescheiden. Der nach Pius Heinz, 2011, zweite deutsche Pokerweltmeister ist aus den USA zurückgekehrt und genießt im Münsterland seinen Erfolg. Mitte Juli hatte der 55-jährige Deutsch-Iraner im Finale der World Series of Poker (WSOP) in Las Vegas als Sieger zehn Millionen US-Dollar Preisgeld eingestrichen.
Was er mit den umgerechnet 8,9 Millionen Euro machen will, ist noch offen. Zuerst wolle er abwarten, wie viel an das Finanzamt in Deutschland fließt. „Ich werde einen Teil des Gewinns an jemanden spenden, der sich um kranke Kinder oder Bildung kümmert“, sagt er. „Ich habe keine großen Pläne. Ich bleibe in Münster, ich fühle mich hier sehr wohl.“Der Pokerweltmeister lebt mit Frau und Kind in einem Stadtteil im Norden der westfälischen 314 000-Einwohner-Stadt. Neben dem Preisgeld erhielt Ensan das begehrte goldene Armband – vergleichbar mit dem WM-Pokal beim Fußball. „Das liegt allerdings nicht bei mir zu Hause in Münster, sondern gut gesichert in einem Schließfach.“
In der Szene ist er kein Unbekannter. „Ich war Europameister. Habe schon zuvor Preise gewonnen. Dennoch war das jetzt eine richtig große Sache“, sagt Ensan über seinen Erfolg in Las Vegas. Dieser müsse nun verwaltet werden. „Auf dem Konto in Deutschland ist das Geld noch nicht.“Es befinde sich noch in den USA.
„Zu einem Profi-Spieler gehören aber nicht nur die Turniere. In der übrigen Zeit halte ich mich körperlich fit. Wenn man einen gesunden Körper hat, trifft man bessere Entscheidungen.“Zum Training gehöre auch das Analysieren von „Händen“, also das, was der Pokerspieler als Karten in der Hand hat und was auf dem Tisch liegt. Das mache er immer zusammen mit Freunden. „Der Trubel in den USA war ähnlich wie jetzt hier. Wenn du Erfolg hast, wollen alle mir dir ein Foto machen“, sagt Ensan.
Einst wanderte er aus Neugierde aus dem Iran aus. Erst verschlug es ihn nach Süddeutschland, dann wollte er an der Fachhochschule in Münster Bauingenieurwesen studieren. „Stattdessen wurde ich aber Pokerspieler“, sagt er.
„In den rund zehn Tagen des Turniers habe ich immer gut aufgepasst, hatte immer alles unter Kontrolle. Glück brauchst du eigentlich immer, auch wenn du mit guten Karten durchkommen willst. Jeder braucht Glück. Auch im normalen Job.“Und sein Pokergesicht? Muss er das trainieren? „Das Pokergesicht ergibt sich eigentlich von allein – durch den konzentrierten Auftritt.“Er trage zuweilen eine Sonnenbrille. „Oder ich ziehe mir manchmal eine Kapuze über, aber nicht, um Show zu machen. Ich will dann Ruhe haben. Das ist wichtig“, sagt der Weltmeister.
Der 55-Jährige setzte sich in einem rund vierstündigen Endspiel – als nach tagelangem Turnier nur noch zwei von knapp 8600 Spielern übrig waren – gegen Dario Sammartino, 32, durch. Der italienische Profi ging aber immerhin auch noch mit sechs Millionen Dollar (5,3 Millionen Euro) nach Hause.
„Um bei der WM starten zu können, kann man Qualifikationsturniere mit kleinen Startgeldern spielen oder auch 10 000 Dollar auf den Tisch legen. Ich habe 10000 Dollar bezahlt“, sagt Ensan. „Das viele Geld im Laufe der Turniere hat viel Arbeit gemacht. Ich musste Anwälte und Steuerberater beauftragen, damit sie die aufkommenden Fragen klären.“Das hat sich offenkundig gelohnt.