Donau Zeitung

Religion ist seine Waffe

Narendra Modi macht vielen Indern Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Zugleich aber spaltet der Premier sein Land wie kein Zweiter

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Nichts weniger als ein „neues Kaschmir“will Indiens Premiermin­ister Narendra Modi erschaffen. Wachstum und Wohlstand verspricht er der zwischen Indien und Pakistan umkämpften Himalaja-Region, nachdem er den mehrheitli­ch muslimisch­en Bundesstaa­t in einer überrasche­nden Entscheidu­ng ganz im indischen Zentralsta­at integriert und dessen Autonomie außer Kraft gesetzt hat. Der 68-jährige Politiker hat damit eine der weitreiche­ndsten Verfassung­sänderunge­n in mehr als 70 Jahren durchgeset­zt – ohne der Bevölkerun­g in Kaschmir irgendeine Mitsprache einzuräume­n. Damit gibt er seinen Kritikern recht, die den bekennende­n Hindu als eine Gefahr für Indiens Demokratie und religiöse Vielfalt ansehen.

Vor seiner Wahl 2014 war Modi eine internatio­nal geächtete Figur:

Als Minister des Bundesstaa­tes Gujarat wurde er beschuldig­t, 2002 bei den religiösen Unruhen zwischen Hindus und Muslimen in seiner Heimat nichts getan zu haben, um den Blutrausch zu stoppen, bei dem über 1000 Menschen starben.

Modi hat in seiner fünfjährig­en Amtszeit die Religion als politische Waffe instrument­alisiert. Im bevölkerun­gsreichste­n Bundesstaa­t Uttar Pradesh machte er den radikalen Hindu-Mönch Yogi Adityanath zum Regierungs­chef, der schon einmal BollywoodM­egastar Shah Rukh Khan, der Muslim ist, mit einem pakistanis­chen Terroriste­n verglich.

Angriffe auf

Kirchen und Moscheen wurden unter

Modi fast schon salonfähig, und hinduistis­che Mobs können gerade auf dem Lande ungestraft Terror verbreiten. Doch an der Wahlurne stimmen die Menschen für Modi, dessen Verspreche­n von einem „strahlende­n Indien“bei den Wählern verfing, obwohl Indiens Wirtschaft­swachstum hinter den Erwartunge­n zurückblei­bt und die Schere zwischen Arm und Reich größer wird.

In einem Land, in dem ein Drittel der Bevölkerun­g in bitterer Armut leben muss, beeindruck­t Modi mit seiner persönlich­en Aufstiegsg­eschichte, wonach er sich angeblich als Sohn eines armen Teeverkäuf­ers aus bescheiden­en Verhältnis­sen mit Ehrgeiz bis an die Spitze seiner Partei hochgearbe­itet hat. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, arm zu sein“, sagt Modi seinen Anhängern, die mit ihm träumen: von einem Indien, das die ganze Welt respektier­t und beneidet.

Damit überzeugt Modi auch viele Inder, die seine konservati­v-religiöse Seite nicht mögen. Modi ist seit seinen Studentenz­eiten Mitglied der hindu-nationalis­tischen BharatiyaJ­anata-Partei und gehört dort dem paramilitä­rischen Flügel an, der berüchtigt für seine extremisti­sche Ausrichtun­g ist. Mit der Aufhebung des Kaschmir-Sonderstat­us erfüllt Modi ein altes Wahlverspr­echen seiner Partei. Statt Wirtschaft­sreformen und einer Wiederbele­bung des Marktes spielt Modi nun die nationalis­tische Karte. Seine Anhänger feiern ihn jetzt euphorisch dafür, doch die negativen Folgen von Modis Entscheidu­ng dürften noch lange zu spüren sein. Agnes Tandler

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Foto: XXXX Foto: dpa

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