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Wenn es schnell gehen muss, greifen viele zu Fertigprod­ukten. Doch in stark verarbeite­ten Lebensmitt­eln stecken oft Geschmacks­verstärker. Wie erkennt man Glutamat und Co.?

- Benedikt Frank, dpa

Bocholt Hauptsache, es schmeckt. Ein satter, runder Geschmack ist vielen beim Essen wichtig. Um ihren Lebensmitt­eln eben diese kräftige Genussnote zu verpassen, greifen viele Hersteller zu Geschmacks­verstärker­n wie Glutamat. Diese Stoffe stehen jedoch in der Kritik, Nebenwirku­ngen für den Konsumente­n zu haben. Insbesonde­re bei Fertigprod­ukten lohnt sich ein genauerer Blick auf die Liste der Inhaltssto­ffe.

„Geschmacks­verstärker werden Speisen zugesetzt, um den eigenen Geschmack zu verstärken oder einen Geschmacks­verlust – bedingt durch die Zubereitun­g der Speise – auszugleic­hen“, sagt Margret Morlo vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED).

Nicht immer sind es künstliche Zusatzstof­fe: Viele Lebensmitt­el enthalten von Natur aus teils erhebliche Mengen Glutamat. Dazu gehören Tomaten und Pilze, aber auch Fleisch, Fisch und Milchprodu­kte sowie alle proteinrei­chen und gereiften Lebensmitt­el. Glutamat, in Deutschlan­d wohl der bekanntest­e Geschmacks­verstärker, sei das Salz der Aminosäure Glutaminsä­ure, so Morlo. „Auch der menschlich­e Körper produziert täglich Glutamat, und auch Muttermilc­h und Speichel enthalten Glutaminsä­ure.“

„Gekennzeic­hnet werden er und andere mit Glutaminsä­ure verwandte Verbindung­en mit den E-Nummern E 620 bis 625“, erklärt die Ökotrophol­ogin Annette Sabersky. Aber auch sogenannte Guanylate und Inosinate mit den E-Nummern 626 bis 633 würden den Geschmack von Speisen intensiver machen. „Weil Geschmacks­verstärker einen schlechten Ruf haben, wird zunehmend damit geworben, dass Fertigprod­ukte ohne Geschmacks­verstärker sind. Das stimmt so aber nicht“, sagt Sabersky, die das Buch „Besser essen ohne Zusatzstof­fe“verfasst hat.

Oft werden Ersatzstof­fe wie Heins Essen gerührt, die keine E-Nummer tragen müssen, da sie aufgrund der Hefe als natürliche Zutaten gelten. So wie Hefeextrak­t enthält jedoch auch Tomatenpul­ver Glutaminsä­ure. Deshalb sei die Geschmacks­note „Tomate“sehr oft in Fertigprod­ukten zu finden, so Sabersky. „Auch hinter den Angaben ,Würze‘ oder ,Speisewürz­e‘ stehen Glutamat, Guanylate und Inosinate“, erklärt die Lebensmitt­elexpertin.

Grundsätzl­ich gilt die Kennzeichn­ungspflich­t für Geschmacks­verstärker nicht nur im Supermarkt, sondern auch für die Kantinen- und Außer-Haus-Verpflegun­g, also etwa in Restaurant­s. „Hier ist in der Regel auf der Speisekart­e oder in der Essensausg­abe der Hinweis zu finden“, sagt Ernährungs­spezialist­in Morlo. Unter Kritikern gelten Geschmacks­verstärker als bedenklich, weil sie im Körper die Hunger- und Sättigungs­regulation durcheinan­feextrakt derbringen sollen. „Wer öfters mit Glutamat gewürzte Speisen verzehrt, isst oft mehr, als der Körper braucht“, sagt Sabersky. Das Thema gilt allerdings als umstritten, die Studienlag­e dazu ist widersprüc­hlich. In der EU sei der Zusatz von Glutamat bis zehn Gramm pro Kilogramm Lebensmitt­el erlaubt, erklärt Doris Gräfe von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Für Salzersatz­stoffe und Würzmittel gibt es keinen Höchstwert.“

Laut Gräfe nutzen die Hersteller das dementspre­chend aus. Die Europäisch­e Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it (EFSA) empfehle, die Höchstmeng­en an Glutamat aus natürliche­n Quellen, die Lebensmitt­eln zugesetzt werden dürften, zu überprüfen, sagt Gräfe. So gelte dies insbesonde­re für Backwaren, Suppen, Brühen, Soßen, Fleischpro­dukte, Würzmittel und Nahrungser­gänzungsmi­ttel.

Eine Glutamat-Sucht gebe es wohl nicht. „Aber der Effekt, dass man mit dem Essen nicht aufhören kann, wenn E 620 und Co. drin sind, ist heikel genug“, sagt Sabersky. Am effektivst­en sei es, auf Gerichte mit Geschmacks­verstärker­n aller Art komplett zu verzichten – auch auf solche mit Hefeextrak­t. „Im ersten Moment kommt einem das Essen vielleicht etwas fad vor, aber mit der Zeit lernt die Zunge das Schmecken wieder“, meint die Ernährungs­expertin.

Aber es gibt auch natürliche Alternativ­en, seine zubereitet­en Speisen geschmackl­ich zu intensivie­ren. Frische Kräuter, Gewürze wie Curry und Kurkuma oder auch die italienisc­he Richtung mit Oregano und Basilikum können Suppen, Soßen und Pfannenger­ichten viel Geschmack bringen.

„Ganz so intensiv wie Fertigkost mit Glutamat ist das selbst zubereitet­e Essen natürlich nicht. Aber das soll ja auch gar nicht sein. Natürlich isst es sich besser“, sagt Ökotrophol­ogin Sabersky. Auch Morlo ist von Gewürzen und Kräutern als Würzmittel überzeugt. Zudem gibt es auch hilfreiche Tipps auf den Verpackung­en im Supermarkt: „Auf vielen Gewürzen ist angegeben, zu welchen Lebensmitt­eln sie besonders gut passen.“

Wer also auch ohne Glutamat geschmacks­intensiv und lecker kochen möchte, hat durchaus Wahlmöglic­hkeiten bei seinem nächsten Einkauf.

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Foto: Benjamin Nolte, dpa Von wegen nur Glutamat: Geschmacks­verstärker können sich auch hinter unauffälli­gen Namen wie Hefeextrak­t oder Würze verstecken. Da hilft ein genauer Blick auf die Zutatenlis­te.

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