Donau Zeitung

Freiheit für Freimann?

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger-allgemeine.de

Die Schwabinge­r bilden sich eine ganze Menge darauf ein, Schwabinge­r zu sein, auch wenn auf den dereinst noch boomenden Kleinkunst­bühnen in Münchens berühmtest­em Stadtteil schon vor rund 50 Jahren Spottliede­r wie dieses gesungen wurden:

Hinterm Siegestor in Bayern, wie bekanntlic­h München auch,

liegt für jede Art von Feiern eine Leiche zum Gebrauch.

Schwabing ist der längst Verstorb’nen Damenname, wie man hört,

und sie hat an leicht verdorb’nen Geruch, von dem sie zehrt.

Sei’s drum. Mag auch in den 20er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts alles künstleris­ch spannender und literarisc­h pulsierend­er gewesen sein – für ein bisserl Bohème und ein bisserl Kultur reicht’s in Schwabing allemal noch. Zumindest im Vergleich zu Trudering, Allach oder Bogenhause­n.

Jetzt allerdings, da der Separatism­us überall in Europa fröhliche Urständ feiert, droht Schwabing neues Ungemach: Die Freimanner wollen keine Schwabinge­r mehr sein. Sie wollen raus aus dem Stadtbezir­k 12 „Schwabing-Freimann“, der mit seinen rund 80 000 Einwohnern größer ist als Bamberg, Bayreuth oder Aschaffenb­urg. Die profane Begründung der „Freixiteer­s“lautet: Der zuständige Bezirksaus­schuss kümmere sich zu viel um Schwabing und zu wenig um Freimann.

Berufen können sich die Bürger Freimanns dabei unter anderem auf den Dichter, Theologen und Philosophe­n Johann Gottfried Herder. Von ihm ist der Satz überliefer­t: „Der ist ein Freimann, welcher sich selbst besitzt.“Den Schwabinge­rn bliebe, wenn sich die Separatist­en im Norden des Stadtbezir­ks mit ihrer Forderung „Freiheit für Freimann“durchsetze­n, allerdings ein schöner Trost: Die Münchner Freiheit kann ihnen keiner nehmen.

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