Thailand: Meldesystem für Dengue geplant
Auch in Thailand grassiert das Dengue Fieber. Die von Moskitos übertragene Erkrankung hat in diesem Jahr bereits 64 Todesopfer gefordert. Nach offiziellen Schätzungen könnte die Zahl der Erkrankungen bis Jahresende auf 130 000 steigen. Betroffen sind nicht nur Kinder und alte Menschen, die Krankheit kann jeden treffen. Jetzt lässt die thailändische Regierung landesweit Chemikalien gegen Moskitos versprühen und führt ein Dengue-Meldesystem ein, um genaue Zahlen zu bekommen.
Wer an Wien denkt, denkt an Kultur – und an Essen. An Schnitzel, Melange, Gemischten Satz (dazu später mehr), Sachertorte – aber an Schnecken? Naja. Andreas Gugumuck will das ändern. Auf dem Bauernhof der Eltern hat er eine Schneckenfarm eröffnet. An ihren Ausläufern sieht die Großstadt aus wie ein Dorf. „Wien war einst die Schneckenmetropole Europas“, erklärt Gugumuck im Laufe eines Sieben-Gänge-Menüs. Das besteht natürlich nur aus Schnecken, sei es gratiniert mit Haselnuss-Estragonbutter, sei es mit gebeiztem Lachs und confierter Zwiebel. Während er auftischt, für sein Produkt wirbt („schmeckt wie Kalbfleisch“) und hauseigenen Sekt nachschenkt, erklärt der Schneckenzüchter mit Hosenträgern und Schiebermütze, wie er Wien wieder zur Schneckenmetropole machen will. Die Zahlen sprechen für sich.
2007 ist der studierte Wirtschaftsinformatiker ins Schneckengeschäft eingestiegen. Bis zu 300 000 Stück im Jahr produziert er mittlerweile. Sechs Stück sind eine Portion. Gugumuck beliefert Luxusrestaurants und verkauft „Snail & Chips“auf Festivals. Er sieht sich als „Food-Pionier“. Wer Weinbergschnecken wieder salonfähig machen möchte, darf nicht nur daran erinnern, dass sie früher ein ArmeLeute-Essen waren. Er muss auch erzählen, dass sie beim Wiener Kongress
dem Zaren serviert wurden. „Danach gab es nichts Hipperes.“200 Jahre später schon. Gugumuck macht die Weichtiere aber fast jedem schmackhaft. Auch mit dem im 21. Jahrhundert hippen Begriff „Future Food“. Nur 1,7 Kilo Futter für ein Kilo Muskelfleisch, der Energiegehalt viermal so hoch wie der von Rindfleisch. Kein Fett. Wer kann da widerstehen? „Wir beliefern inzwischen ganz Österreich.“
Dafür gab Gugumuck seine Karriere als Projektmanager auf, hat den Hof in eine „Future Farm“verwandelt, mit Führungen zum Thema nachhaltige Landwirtschaft. Und er will mit Gleichgesinnten ein Projekt ins Leben rufen, bei dem es um den Ernährungskreislauf in der Stadt geht. Das Quartier Rothneusiedl soll das „essbare Stadtdorf des dritten Jahrtausends“werden, Vertical Farming, eine ganzheitliche Kreislaufwirtschaft und moderne Urbanität vereinen.
Man kann sich ein derart utopisches und gleichzeitig bodenständiges Projekt nur an wenigen Orten vorstellen. In Wien, 2019 zum zehnten Mal zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt, schon. Wien, sagt Gugumuck, sei die einzige Großstadt der Welt mit nennenswerter Landwirtschaft. Allein 680 Hektar Weinbaufläche gehören zum Stadtgebiet. Neben Aspekten wie Sicherheit, Infrastruktur oder Kultur- und Freizeitangebot floss auch dies in das Ranking der Mercer-Qualityof-Living-Studie ein. Dass Wien viel zu bieten hat, haben Touristen allerdings längst ohne Studie herausgefunden. Die Zahlen brechen jedes Jahr aufs Neue den Rekord.
2018 kamen erstmals über sieben Millionen Gäste, 16,5 Millionen Übernachtungen wurden gezählt. Durch die Altstadt schieben sich die Massen. Overtourism? Knapp vorbeigeschrammt. Eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger hat ergeben, dass Wien – wie München – ein sogenannter Shining Star ist. Die Zahl von Besuchern und Bewohnern habe ein gutes Verhältnis, die Wertschöpfung sei hoch. Doch Sarah Eckl von WienTourismus räumt ein, dass die Entzerrung der Touristenströme ein Thema ist. Trends wie Ökologie und Nachhaltigkeit sollen in den Tourismus einfließen. Die Vienna City Card zum Beispiel, ein günstiges Angebot für den Nahverkehr plus Ermäßigungen in Sehenswürdigkeiten und Lokalen. Und man wolle Ziele außerhalb des 1. Bezirks anbieten, sagt Eckl, – vor allem für Besucher, die mehrmals kommen.
Ein solches Ziel ist Wieningers Buschenschank am Nussberg. Der Blick reicht weit über die Weinberge bis zur Skyline der Stadt mit ihren Hochhäusern und dem glitzernden Band der Donau. Idylle am Rand der Metropole. Die Mutter von Winzer Fritz Wieninger tischt eigenhändig auf, Mangalitza Presswurst, Beinschinken mit Kren und dreierlei Brot, während der Sohn das erste Glas Grünen Veltliner einschenkt und erzählt. Auch er ist ein Pionier, war einer der Ersten, die nach dem Weinskandal in den 1980er Jahren sagten: „Wir beweisen, dass wir guten Wein können.“
2006 stellte der Winzer seinen Familienbetrieb mit zehn ständigen Mitarbeitern sogar auf biodynamische Landwirtschaft um. „Nicht um die Welt zu verbessern“, wie er betont. Sondern weil die Chemie den Boden zerstöre. „Ich lebe mit dem Wein“, sagt der 53-Jährige, „sehe sein Aufblühen, seine Probleme.“Die Pflege sei nun intensiver, der Umgang mit dem Boden respektvoll. „Und am Ende des Tages schmeckt man das.“Die Weine seien charaktervoller, tiefgründiger – aber auch komplizierter. „Sie haben mehr Individualität.“Wieninger hat es sich auf die Fahnen geschrieben, den Wiener Gemischten Satz zu rehabilitieren.
Früher ein Schankwein, werde der Weißwein mittlerweile als Spitzenwein geführt. Wiener Gemischter Satz ist eine geschützte Marke. Er enthält zwischen drei und 20 Rebsorten. Diese – und das ist das
„Es ist die einzige Großstadt der Welt mit nennenswerter Landwirtschaft.“Andreas Gugumuck,
Schneckenzüchter
Besondere – wachsen zusammen auf einem Feld; der Begriff „Satz“kommt von „aussetzen“. Die Reben für einen Gemischten Satz werden gemeinsam geerntet. Welche Sorten es sind, ist im Katasterplan festgeschrieben. Mit dem Klimawandel, den auch der österreichische Weinbauer spürt, wird der Anbau komplexer. Säurearme Sorten und solche, die früh reif werden, muss er reduzieren. Eigentlich ungeliebte Nordlagen werden interessant.
Trotz solcher Probleme liebt Fritz Wieninger seine Aufgabe. Mit weniger als acht Hektar hat er begonnen, jetzt sind es 53. Der Winzer, der auch schon Weine nach seinen drei Kindern benannt hat, schaut optimistisch in die Zukunft. „Es ist eine Freude, diesen Beruf ausüben zu dürfen.“Und das in einer Stadt, in der man mit der Straßenbahn vom Hauptbahnhof bis in die Weingärten fahren kann, so wie in Barcelona ans Meer.
Überhaupt der Nahverkehr. Mit 1200 Kilometern Radwegenetz, einem 365-Euro-Ticket und hierzulande umstrittenen E-Rollern zum Ausleihen gilt er als ein Pluspunkt Wiens. Ebenso das System an Gemeindewohnungen, die das Leben bezahlbar bleiben lassen in einer boomenden Stadt. 1,9 Millionen Einwohner hat Wien (zum Vergleich: in Österreich sind es insgesamt 8,8 Millionen). Erträglich wird das dadurch, dass die Stadt einst für vier Millionen Menschen konzipiert wurde. Und: 60 Prozent der Wiener leben in gefördertem Wohnbau – da kann man auch angesichts von Touristenmassen fröhlich bleiben. 96 Prozent sind zufrieden mit dem Tourismus in der Stadt. Der Taxifahrer, Gewährsmann für Volkes Stimme, bestätigt diese Aussage von WienTourismus. „Es geht, außer im Advent“, sagt er. Und dass die Zufriedenheitsquote im 1. Bezirk niedriger sein dürfte.
Wie vor 100 Jahren die Grundlagen für die lebenswerte Stadt gelegt wurden, zeigt die Ausstellung „Das rote Wien“im Musa. Auch wenn angesichts der Fülle hochrangiger Museen die Wahl schwerfällt, lohnt sich eine Führung dort, denn die Schau trägt zum besseren Verständnis der Stadt bei. Zeigt, wie aus der Krisenstadt des Kontinents, unter deren Einwohnern nach dem Ersten Weltkrieg Hunger, Tbc und Wohnungsnot grassierten, eine „gebaute Utopie“wurde. Führungen zeigen, wie das bis heute nachwirkt – mit luft- und lichtreichen Wohnblocks, mit öffentlichen Bädern und dem Praterstadion.
„Wie wohnen, wie leben, wie arbeiten – Wien wurde damals zu einem großen Labor“, erklärt Stadtführerin Alexa Brauner. Und das ist es noch immer. Überall stößt man auf Menschen, die experimentieren, mit ihrem Leben, mit neuen Formen der Kultur. Ein solcher Ort ist das Café Supersense an der Praterstraße. „Wir wollen alle Sinne ansprechen“, sagt Restaurant-Manager Michael Ritter. Das Supersense ist Lokal, Werkstatt und Shop in einem. Außer essen und trinken kann man in einem Jugendstil-Lift eine Schallplatte aufnehmen, im SmellLab einen Duft zusammenstellen, Produkte aus der Druckerei erwerben. Das Café im alten Dogenpalast ist so erfolgreich, dass es erweitert wird. Und wer sich wundert, wo alle Polaroidfilme sind: Florian Kaps, Mitbegründer von Supersense, hat sie aufgekauft. Gäste können nun analoge Instant-Fotos machen. Einfach liebenswert.