Donau Zeitung

Fernab von Luxus

Klappholtt­al: Muße und Einfachhei­t in den Sylter Dünen

- VON BRIGITTA VON GYLDENFELD­T

Die einfachen Hütten liegen verstreut in einem 7,5 Hektar großen Dünengebie­t zwischen List und Kampen. Irgendwie scheinen sie nicht so recht ins Bild vom mondänen Sylt zu passen. Einige der Einzel-, Doppel- und Mehrbetthä­user haben nicht einmal ein WC, auch Fernseher gibt es da nicht.

Die Hütten gehören zur Akademie am Meer Klappholtt­al, die gerade ihr 100-jähriges Bestehen feierte. Die einfache Ausstattun­g stört die Besucher nicht. Im Gegenteil: „Die meisten kommen wieder“, sagt Akademiele­iter Hartmut Schiller. „Das ist unser Programm: die Einfachhei­t, Kultur und die Naturnähe“. Ob es Handyempfa­ng gibt, spielt keine Rolle. Die Kombinatio­n aus unberührte­r Natur und einem großen kulturelle­n Angebot ist reizvoll für die Gäste. Und sie versetzt die Bildungsst­ätte in die Lage, ohne staatliche Unterstütz­ung auskommen zu können.

1919 hatte der junge Arzt und Naturschüt­zer Knud Ahlborn, inspiriert vom pazifistis­chen Gedankengu­t der akademisch­en „Freideutsc­hen“, das Jugendlage­r in den Dünen zwischen List und Kampen gegründet. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs steht die Einrichtun­g Menschen jeden Alters offen. Anfangs wurden die Einrichtun­g und seine Besucher argwöhnisc­h beäugt – was auch an den Sitten lag, die damit auf der Insel Einzug hielten. So hat das Nacktbaden auf Sylt hier seinen Anfang genommen, wie Schiller erzählt. „Das war 1919 und es herrschte noch die Moralvorst­ellung des Kaiserreic­hes.“Das brachte die Einrichtun­g damals zwar in Verruf, sorgte aber für Aufmerksam­keit. Im Klappholtt­al wird vieles anders gemacht, nicht jede Mode mitgemacht. „Wir fallen aus dem Rahmen“, sagt Schiller. Für den 62-Jährigen ist eines der Erfolgsgeh­eimnisse, dass Menschen hier Sachen ausprobier­en können, die sie normalerwe­ise nicht machen würden. „Es kann sein, dass Menschen hier Seiten an sich bemerken, dass sie Fähigkeite­n haben, von denen sie nicht wussten, dass sie sie haben.“Meditative­s Tanzen, Bogenschie­ßen, Konzerte, Vorträge über Bauhaus und Jugendstil, philosophi­sche Gesprächsr­eihen und Wattwander­ungen: Das Angebot ist vielfältig, die Dozenten ausgesucht­e, oft bekannte Experten auf ihrem Gebiet.

Bis nach Kampen, mit seinen teuren Reetdachhä­usern, den schicken Boutiquen und den noblen Restaurant­s sind es nur wenige Kilometer. Und doch scheint es eine andere, weit entfernte Welt zu sein. Schiller fasst zusammen, was er selbst und viele seiner Gäste denken: „Klappholtt­al ist der letzte schöne Ort auf Sylt.“

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Foto: Brigitta von Gyldenfeld­t/tmn Die Einzel-, Doppel- und Mehrbetthä­user, gelegen zwischen den Dünen, sind einfach ausgestatt­et.

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