Istanbul rüstet auf
Das Supercup-Finale am Mittwoch elektrisiert die türkische Metropole. Bis zu 40000 Fans von Chelsea und Liverpool werden erwartet. Die Sicherheitsvorkehrungen sind extrem
Istanbul Ein Staatsbesuch ist nichts dagegen. Als Austragungsort des Supercup-Finales zwischen den beiden britischen Spitzenklubs Liverpool und Chelsea an diesem Mittwoch plant die türkische Metropole Istanbul den Ausnahmezustand: Tausende britische Fußballfans werden in der Stadt erwartet. Ein ausgeklügelter Plan und 15 000 Polizisten sollen verhindern, dass sich gegnerische Fans der Finalisten zu nahe kommen. Istanbul will sich als perfekter Gastgeber und als attraktives Reiseziel präsentieren: „Die Türkei und Istanbul werden die Sieger des Spiels sein“, sagte Oberbürgermeister Ekrem Imamoglu in einer Videobotschaft an die Gäste.
Schon bei der Anreise sollen Liverpool- und Chelsea-Fans voneinander getrennt werden. Während die Liverpool-Anhänger am neuen Flughafen nördlich der 15-Millionen-Stadt auf der europäischen Seite Istanbuls ankommen, wird die Chelsea-Gefolgschaft zum Airport Sabiha Gökcen im asiatischen Teil geflogen.
Die Polizei hat einen Krisenstab gebildet, um die Fans ab der Landung unter Kontrolle halten zu können. Die Anhänger der beiden Klubs werden in Hotels in verschiedenen Stadtteilen untergebracht und sollen sich vor dem Spiel am Mittwochabend (21 Uhr) an zwei verschiedenen Punkten sammeln, um zum Stadion zu gehen. Die Straßen in der Umgebung der Arena werden für Autos gesperrt. Um den Verkehr zu entlasten, können Ticket-Besitzer gratis in den städtischen Bussen fahren.
Im Heimstadion des Istanbuler Erstligisten Besiktas werden rund 40000 Zuschauer zu dem Spiel erwartet. Schlachtenbummler von Liverpool und Chelsea sollen die Arena durch zwei getrennte Eingänge betreten. Wer sich den Anweisungen des Sicherheitspersonals widersetze, riskiere eine Festnahme, warnt die britische Regierung in einem Reisehinweis für die Fans.
Insbesondere die Liverpooler denken gerne an Istanbul zurück. Im Jahr 2005 besiegte ihre Mannschaft am Bosporus in einem spektakulären Finale der Champions League den AC Mailand – Fans sprechen bis heute vom „Wunder von Istanbul“.
Doch nicht alle Erinnerungen von britischen Fans an die türkische Metropole sind so rosig. Im Jahr 2000 starben zwei Anhänger von Leeds United nach einer Messerstecherei mit türkischen Hooligans vor einem Uefa-Cup-Halbfinale zwischen Leeds und der Heimmannschaft Galatasaray.
Da diesmal keine türkische Mannschaft beteiligt ist, konzentriert sich die Istanbuler Polizei ganz auf die beiden britischen Fanblöcke und darauf, potenzielle Gewalttäter durch ein Großaufgebot abzuschrecken. Im Dezember 2016 töteten kurdische Extremisten nach einem Heimspiel von Besiktas bei einem Doppelanschlag mit einer Autobombe und einen Selbstmordattentäter insgesamt 47 Menschen. Die Gewalttäter schlugen an einem Kontrollpunkt der Polizei in der Nähe des Stadions zu – unter den Toten waren 40 Beamte.
Damals erschütterte eine ganze Serie von Anschlägen die Türkei. Die Gewalt schockte das Land und schreckte viele ausländische Besucher ab. Erst seit dem vergangenen Jahr erholen sich Istanbul und andere Regionen der Türkei von dem Rückschlag.
Am Mittwoch geht die Polizei deshalb auf Nummer sicher. Insgesamt drei Sicherheitskontrollen müssen die Stadionbesucher durchlaufen, bevor sie an ihrem Platz ankommen. Die Behörden bieten Spezialeinheiten der Polizei zur Terrorbekämpfung auf, Polizeihubschrauber werden die Gegend um den Vodafone-Park aus der Luft überwachen. Selbst die Wasserschutzpolizei auf dem Bosporus ist im Alarmzustand.
Manche Kneipenwirte in Istanbul sehen dem Spiel mit gemischten Gefühlen entgegen. Ihre Saison läuft auch ohne Supercup-Spiel sehr gut: Istanbul erlebt derzeit den größten Besucheransturm seit Jahren. Einerseits freuen sich die Gastronomen über das erwartete UmsatzPlus durch tausende trinkfeste Briten, die in den ohnehin schon gut gefüllten Hotels auch die Preise weiter steigen lassen: In Hotels in der Nähe des Stadions sind die letzten Zimmer laut Zeitungsberichten nur noch für etwa 1600 Euro zu haben.
Andererseits befürchten die Kneipiers besonders für die Stunden nach dem Spiel Raufereien. „Bei mir heißt es: Alle Mann an Deck“, sagt der Pächter einer Bar in der Innenstadt.