Hospizhelfer für Wertingen und Höchstädt gesucht
Nachdem sich der Hospizverein der beiden Städte in diesem Frühjahr aufgelöst hat, ist ein Umdenken angesagt. Diese Woche lief die erste Zusammenarbeit an. Koordinatorin Birgit Hofmeister hofft auf Ehrenamtliche
Landkreis Die Anfrage kam vor einer Woche, vom Sozialdienst des Augsburger Klinikums. Eine Familie aus dem Raum Wertingen bittet um Unterstützung bei der Begleitung eines Sterbenden. Einen entsprechenden Hospizhelfer einzusetzen, gehört zu den wesentlichen Aufgaben von Birgit Hofmeister, koordiniert die 48-Jährige doch den Ambulanten Hospizdienst im Landkreis Dillingen. 60 Ehrenamtliche stehen auf ihrer Liste, allerdings kaum Menschen aus dem Zusamtal und der Stadt Höchstädt. Diese beiden Bereiche hatten bis vor kurzem nämlich die Mitglieder eines Vereins übernommen. Als sich der Hospizverein Wertingen-Höchstädt in diesem Frühjahr auflöste, hofften die Koordinatoren auf einen fließenden Übergang, sprich dass die Arbeit unter dem ambulanten Hospizdienst der Caritas weitergeht. Doch bis jetzt hat sich hier wenig getan.
Seit 2003 arbeitet der Hospizdienst der Caritas mit den Krankenkassen zusammen. Eine Gesetzesänderung hatte damals ermöglicht, dass unter bestimmten Bedingungen Hospiz- und Palliativarbeit bezuschusst wird. Das ermöglichte der Dillinger Einrichtung zum einen die Anstellung dreier Fachkräfte. Im Gegenzug sind verschiedene Bedingungen einzuhalten. Schulungen und Supervision, gegenseitiger Austausch und schriftliche Protokolle, und das Unterschreiben eines Vertrags gehören dazu. Birgit Hofmeister und ihre beiden Kolleginnen – alle Krankenschwestern mit Zusatzausbildungen – betreuen sowohl die Ehrenamtlichen als auch die Kranken und deren Familien. Sie erkennen, ob jemand ein zusätzliches Medikament oder ärztliche Hilfe, einen Sozialdienst oder ein Pflegebett, ein offenes Ohr oder eine haltende Hand braucht. „Im Hospizbereich kann ich endlich wieder so arbeiten, wie ich es als Krankenschwester einst gelernt habe“, sagt Birgit Hofmeister: „Was braucht der Mensch, was ist ihm und mir wichtig?“Eine Frage, die sich für Birgit Hofmeister nicht nur auf die körperliche, sondern auch auf die seelische Ebene bezieht. Wenn die 48-Jährige auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre blickt, merkt sie, wie wichtig ihre Arbeit und die ihrer ehrenamtlichen Kräfte ist. Während früher Schwerkranke auf der Intensivstation betreut wurden, steht heute das Krankenhauspersonal – aus Kostenund Zeitgründen – auf dem letzten Abschnitt des Lebensweges meist nicht mehr zur Verfügung. „Wir versuchen zu unterstützen, dass eine Betreuung zuhause gelingt“, sagt Birgit Hofmeister. Wie wichtig sei es da oft, wenn es Menschen gebe, die Zeit schenken und den betroffenen Familien etwas abnehmen. Schon ein Telefonat vermittle manchmal große Sicherheit: „Zu wissen, dass da jemand im Hintergrund da ist.“
Mit der Absicht, in solchen Krisensituationen für andere Menschen da zu sein, hatten sich vor gut 20 Jahren nahezu parallel zwei Hospizdienste im Landkreis Dillingen entwickelt: der eine unter dem Mantel der Caritas, der andere entstand aus einer Initiative der evangelischen und katholischen Pfarrgemeinden in Wertingen und Höchstädt. Treibende Kraft war bei Letzterem der damalige Wertinger Stadtpfarrer Ludwig Michale. Der sprach direkt die Wertinger Ärztin Gerda Lienert an. An Vereinsarbeit war diese zwar keineswegs interessiert, doch entsprach es ganz ihrer Vorstellung, Menschen daheim in Ruhe zu betreuen. „Das lag schon meinem Vater und Großvater am Herzen“, erzählt die 67-Jährige. „Warum sollen wir Leute ins Krankenhaus bringen zum Sterben – als ob der Tod eine Krankheit wäre.“
Immer wieder durfte Lienert in den kommenden Jahren die Erfahrung machen, dass Angehörige und Nachbarn – mit einem Hospizhelfer und ihr als koordinierenden Ärztin im Hintergrund – sich trauten, die Menschen zuhause sterben zu lassen. „In aller Regel gehen AngehöSchweigepflicht rige anschließend geläutert in den Alltag“, sagt Gotthard Lienert. Als Ehemann der Ärztin hat auch er sich in den vergangenen Jahren mit der Hospizarbeit auseinandergesetzt und Menschen begleitet.
Rund 20 Begleitungen leistete der Verein durchschnittlich jedes Jahr. Ausbildung und Schulungen organisierte er eigenständig, finanziert aus Spenden. Knapp zehn der insgesamt rund 20 ausgebildeten Hospizhelfer waren bis zuletzt aktiv. Auf sie konnte Gerda Lienert zurückgreifen, wenn sie nach dem Erstbesuch überlegte, wer als Helfer passen würde. Als einer der beiden letzten rein ehrenamtlichen Vereine der Hospizarbeit in Bayern hatten die Wertinger und Höchstädter länger als alle anderen überlebt. Doch im Frühjahr stimmten die Mitglieder mit großer Mehrheit für die Auflösung. Denn mit dem Sitzen am Bett sei es heute oftmals nicht mehr getan. „Der Anspruch der Gesellschaft ist gestiegen“, sagt Gerda Lienert, „das können Ehrenamtliche alleine nicht mehr leisten.“Dafür brauche es einen größeren, hauptberuflichen Überbau, um die Einsätze zu koordinieren.
Das versteht Birgit Hofmeister gut. Sie und ihr Team boten den Ehrenamtlichen daher gerne die Möglichkeit an, bei ihnen mitzuarbeiten. Was mit einem Infoabend gut anlief, verlor sich in den vergangenen Wochen allerdings mehr oder weniger im Sande. Konkret hatte bisher kein einziger Hospizhelfer aus dem Wertinger Verein seine aktive Mitarbeit bekundet. Durch den Datenschutz ist Hofmeister darauf angewiesen, dass die Ehrenamtlichen sich bei ihr melden. „Wir wollen niemanden übernehmen, niemanden an Land ziehen oder überreden“, stellt sie klar und verdeutlicht gleichzeitig: „Wir brauchen Leute aus dem Raum Wertingen für den Raum Wertingen.“Das gleiche gelte für Höchstädt.
Dass diese Woche endlich die erste Verknüpfung zustande kam, ist der Kooperation von Birgit Hofmeister und Gerda Lienert zu verdanken. So konnte eine Hospizhelferin für den eingangs beschriebenen Fall konkret angesprochen und gefunden werden. Sie ist die erste des Wertinger Vereins, die sich offiziell der Dillinger Organisation angeschlossen hat und in deren Auftrag eine Familie begleitet. Ein Anfang, der Birgit Hofmeister hoffen lässt...
OInteressenten der Hospizarbeit können sich telefonisch an Wochentagen vormittags informieren unter 09071/70579-14, ansonsten auf den Anrufbeantworter sprechen. Hospizhelfer, die bereits in dem Verein WertingenHöchstädt mitgearbeitet haben, werden in einem persönlichen Kennenlerngespräch mit Birgit Hofmeister in die Modalitäten des Hospizdienstes eingeführt. Für alle anderen bietet der Hospizdienst eine Ausbildung an.